Skip to main content

Unsere Geschichte

Die Geschichte des Jugendhauses Düsseldorf reicht zurück bis in das Jahr 1908. Errichtet als Sekretariat des Katholischen Jungmännerverbandes Deutschlands (KJMVD) gestaltete es die katholische Jugendabeit in Deutschland unter den unterschiedlichen kirchlichen und politischen Bedingungen des Kaiserreiches, der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus. 1939 verboten entstand es nach dem Zweiten Weltkrieg neu und entwickelte sich von der Verbandszentrale zur Bundeszentrale für katholische Jugendarbeit.

Entdecken Sie interaktiv die Geschichte des Jugendhaus Düsseldorf, indem Sie mit Ihrem Cursor auf die Buttons der einzelnen Jahreszahlen klicken.

1908

Errichtet wird das Jugendhaus Düsseldorf von Carl Mosterts als Verbandszentrale des Katholischen Jungmännerverbandes Deutschlands. Das erste Büro befindet sich in Räumen des Hauses Stiftsplatz 10a in der Düsseldorfer Altstadt. Schon bald wird das Sekretariat um Zeitschriftenredaktionen, Versandhandel und Angebote von Weiterbildungsmaßnahmen erweitert und weitere Räume angemietet.

1916

Der Verband wächst und die Zentrale wächst. Daher wird während des Ersten Weltkrieges das Achenbach-Haus an der Schadwostraße in Düsseldorf bezogen. Es bietet zwar nicht genug, aber doch mehr Platz.

1924

Am 2. Februar erfolgt der Umzug des Jugendhauses Düsseldorf an die Derendorfer Strasse in Düsseldorf, dem heutigen Carl-Mosterts-Platz. Unter der Ägide von Generalpräses Ludwig Wolker entfaltet sich eine immer regere Tätigkeit: "Jugendbewegung", "Bibelbewegung", "liturgische Bewegung" sind Stichworte, die die Arbeit jener Jahre kennzeichnen.

1933

In nationalsozialistischer Zeit prägen Verbote und Inhaftierungen die Arbeit des Katholischen Jungmännerverbandes und der Verbandszentrale. Die Interessen der katholischen Jugendlichen zu vertreten wird immer schwieriger.

1939

Am 6. Februar wird der Katholische Jungmännerverband endgültig verboten und das Jugendhaus Düsseldorf geschlossen. Das Haus geht in den Besitz der NSDAP über und wird durch einen Bombenvolltreffer 1944 zerstört.

1952

Das Grundstück in Düsseldorf wird dem wieder gegründeten Jugendhaus Düsseldorf zurückgegeben. Die Bauarbeiten für eine neue Verbandszentrale beginnen. Sie soll u.a. Sitz des 1947 gegründeten Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) und der neugeschaffenen Arbeitsstelle für Jugendseelsorger der Deutschen Bischofskonferenz werden.

1954

Am 2. Februar findet die Einweihung des neuen Gebäudes durch den damaligen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz und Kölner Erzbischofs Josef Kardinal Frings statt. Finanziert wurde der Bau des Architekten Bernhard Pfau aus kirchlichen und staatlichen Mitteln sowie einer Bausteinaktion der katholischen Jugend Deutschlands.

1965

Nach dem 3. Bundesfest des BDKJ in Düsseldorf wird das Verhältnis von BDKJ und seinen Mitgliedsverbänden auf eine neue Grundlage gestellt. Damit beginnt die Wandlung des Jugendhauses Düsseldorf von einer Verbands- zu einer Dienstleistungszentrale für die kirchliche Jugendarbeit.

1992

Das Jugendhaus Düsseldorf wird als Beispiel für die Bürohaus-Architektur der 1950-er Jahre unter Denkmalschutz gestellt.

1994

Nach der rechtlichen Entflechtung von Arbeitsstelle für Jugendseelsorge und BDKJ-Bundesstelle bleibt das Jugendhaus Düsseldorf für diese beiden Stellen als Dienstleister und Bundeszentrale für katholische Jugendarbeit erhalten.

1997

Es beginnen umfangreiche Sanierungs- und Grunderneuerungsarbeiten am Jugendhaus Düsseldorf. Das Haus erhält eine restaurierte Fassade und eine komplett neue Büroinfrastruktur. Gleichzeitig wird in der Zentralstelle des Jugendhaus Düsseldorf e.V. ein Qualitätssicherungs-Projekt erfolgreich durchgeführt. Die Wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe erfahren eine Neustrukturierung und Neuorganisation.

2001

Nach Abschluss der Sanierung öffnet sich das Jugendhaus in die Stadt Düsseldorf und die Region. Ausstellungen mit Werken junger Künstler beleben das Haus. Das Dienstleistungsangebot wird erweitert. Es entstehen neue Kooperationen der Wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe. Das Rechnungswesen bietet Leistungen für weitere Mandanten an.

2005

Bei der Vorbereitung und Durchführung des XX. Weltjugendtages 2005 in Köln wirkt das Jugendhaus Düsseldorf bei der Vorbereitung und Durchführung mit. Dazu zählen Versand und Vertrieb der Materialien der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit sowie die Unterstützung des Rechnungswesens der Weltjugendtag GmbH.

2008

Die Gründung des Jugendhauses Düsseldorf vor 100 Jahren wird mit vielen Veranstaltungen gebührend gefeiert. Ein herausragendes Ereignis ist der Festakt am 26. April. Nach der Festmesse mit Jugendbischof Dr. Franz-Josef Bode wird in einem Zirkuszelt im Garten und im ganzen Haus gefeiert.

Bildergalerie Jugendhaus Düsseldorf

    Das Jugendhaus Düsseldorf - ein Gebäude und seine Geschichte

    Ein "Glashaus" für die katholische Jugendarbeit

    „Auf dieser Erde kannst du nicht allein im Geiste leben, mußt dem Geist auch ein Haus bauen. [...] Erst das Haus, dann das Pneuma. Oder vielmehr so: Eins nicht ohne das andere. Es muß Pneuma sein, Wind Gottes wehen. Aber es muß auch ein Gerüst sein und ein Haus, darin dies Wehen von oben gefaßt und erfüllt werden kann.“
    So schrieb Ludwig Wolker mit Blick auf den Aufbau katholischer Jugendarbeit im Advent 1945. Dabei hatten er und weitere Verantwortliche der kathoicshen Jugend(verbands)arbeit aber nicht nur den organisatorischen Aufbau katholischer Jugendarbeit nach dem Ende der NS-Herrschaft im Blick, sondern auch den Bau einer neuen Zentralstelle. Standort sollte wieder Düsseldorf sein. Dort war von 1908 bis 1939 die Reichszentrale des Katholischen Jungmännerverbandes Deutschlands, das Jugendhaus Düsseldorf, gewesen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden nun die nötigen Schritte unternommen, um das Grundstück wieder zurückzuerhalten, das die Nationalsozialisten 1939 beschlagnahmt hatten. Zeitgleich wurden Baupläne erstellt und für die finanziellen Mittel gesorgt. So konnte sieben Jahre nach Kriegsende im Jahr 1952 der erste Spatenstich erfolgen.

    Gebäude

    Jugendhaus bei Nacht 02 kleinAuch wenn Anfang der 1950-er Jahre Wohnraum dringen benötigt wurde, so war das Jugendhaus Düsseldorf von Beginn an ausschließlich ein Bürogebäude. Funktionalität und modernes Design schlossen sich nicht aus. Mit den Baustoffen Glas und Beton wurde ein offenes und transparentes Gebäude geschaffen. Die Büros sind so ausgerichtet, dass alle Mitarbeitenden nicht nur Tages- sondern auch Sonnenlicht haben.


     

     

    Bauherr

    Bauherr 09 003 029 008 AusschnittAuftraggeber für Architekt und Baufirmen war der Verein Haus Altenberg e.V.. Ihm gehörten Verantwortliche der katholischen Jugendpastoral an, allen voran Ludwig Wolker. Da das Jugendhaus Düsseldorf jedoch als Zentralstelle für katholische Jugendarbeit in Deutschland errichtet wurde, war der eigentliche Bauherr die katholische Jugend Deutschlands. Sie trug durch eine Bausteinaktion auch ein Fünftel der Baukosten.

    Architekt

    Bernhard M. PfauDas Jugendhaus Düsseldorf wurde nach Plänen des Architekten Bernhard M. Pfau (1902-1989) errichtet. Es war das erste Gebäude, das er nach dem Zweiten Weltkrieg in Düsseldorf baute. In den folgenden Jahren errichtete er zahlreiche Gebäude in der Stadt, von denen das bekannteste das Düsseldorfer Schauspielhaus ist.

    Impressum

    Konzept / Text: Maria Wego
    Fotos: Archiv des Jugendhauses Düsseldorf
    Video: Jugendhaus Düsseldorf
    © Jugendhaus Düsseldorf 2020

     

    Bauphase

    Die Bauarbeiten begannen im Frühjahr 1952 und wurden bereits im Januar 1954 abgeschlossen.
    Die Entschuttungsmaßnahmen übernahm die Stadt Düsseldorf.
    Das Grundstück liegt in direkter Nachbarschaft zur Kirche Heilig Geist, die Anfang des 20. Jahrhunderts nach Entwürfen des Architekten Joseph Kleesattel erbaut wurde. Zeitgleich mit der Errichtung des Jugendhauses Düsseldorf wurde auch die Kirche wieder aufgebaut.
    Den Grundstock für die Finanzierung legte eine Spende der amerikanischen McCloy-Stiftung. Dazu kamen finanzielle Mittel des Landes Nordrhein-Westfalen und privater Spender. Gut ein Fünftel brachte die katholische Jugend Deutschlands mit einer Bausteinaktion auf. Insgesamt beliefen sich die Kosten auf 1,2 Millionen D-Mark.
    Zwei Besonderheiten springen ins Auge -
    das Band aus Glasbausteinen, das sich ohne Stützen über die gesamte Länge des Gebäudes an der Ludwig-Wolker-Straße erstreckt und die frei schwebende Treppe des Haupttreppenhauses.

     

    Zwar sind zwischen den ersten Plänen und dem fertigen Gebäude Unterschiede zu erkennen, aber diese betreffen im wesentlichen die Gestaltung der Fassade an der Ludwig-Wolker-Straße.

      Grundsteinlegung

      Die Grundsteinlegung erfolgte am 7. Juni 1952. Die Feier leitete BDKJ-Bundespräses Hermann Klens.
      Josef Rommerskirchen, BDKJ-Bundesvorsitzender, verliest den Text der Grundsteinurkunde.
      Gute Wünsche für den Neubau sprachen neben anderen aus: BDKJ-Bundesvorsitzende Mathilde Beckers, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Düsseldorf  Josef Gockeln und Bernhard M. Pfau.

        Einweihung

        Die Einweihung erfolgte am 2. Februar 1954, dem katholischen Festtag Mariä Lichtmess. Der Tag wurde  bewusst gewählt, da am 2. Februar 1908 das Jugendhaus Düsseldorf gegründet worden war.
        Die Weihe übernahm der Kölner Erzbischof Josef Kardinal Frings. Zu den Festrednern gehörten der BDKJ-Bundesvorsitzende Heinrich Köpller und Ludwig Wolker, BDKJ-Bundespräses von 1947 bis 1952.
        Weihe Frings

          Ein Haus im Wandel der Zeit

          Nicht alles blieb erhalten: Die Fenster öffnen sich nicht mehr nach außen, in den Garten führt heute eine Wendeltreppe und die Deckenbeleuchtung in den Konferenzräumen wurde ausgetauscht.
          1997 wurde des Gebäude umfassend saniert. Dabei wurden auch die Bänder aus Glasbausteinen erneuert.
          Das Dach des Anbaus wurde im Rahmen der Sanierung in dern 1990er-Jahren begrünt.
          Die Veränderungen bei der Arbeitssicherheit zeigen die Fotos des Gerüstes 1953 und 2020. Die Aufnahmen entstanden etwa an der gleichen Stelle.
          Architekt Bernhard M. Pfau gestaltete auch die Innenräume. Erhalten blieben die Deckenleuchten in den Fluren, die Schilder an den Bürotüren und ein Schreibtisch.

            Verbot 1939

            Das Jugendhaus Düsseldorf in nationalsozialistischer Zeit

            Montag, 6. Februar 1939
            Gestapo Siegel Februar 1939“Am 6. Februar folgte die dritte und endgültige Schließung des Jugendhauses, die Auflösung und die Beschlagnahmung des gesamten Vermögens des Katholischen Jungmännerverbandes und seiner Vereine. 140 Gestapo-Beamte besetzten das Jugendhaus. Die Angestellten – 90 an der Zahl – wurden alle im Sitzungszimmer eingeschlossen und bewacht. Es wurde uns bekundet, dass wir fristlos entlassen seien. GP [Generalpräses Ludwig Wolker] wollte noch ein Abschiedswort an seine Mitarbeiter richten, es wurde ihm verwehrt. Da forderte er im Beisein der verlegenen Staatspolizei auf, ein gemeinsames ‚Vater unser‘ zu beten. Das erwartete keiner. Dann stellte er sich an die Tür und gab jedem den Handschlag des Dankes und der Treue.“ [1]

            Mitarbeiter jhd um 1930Mit diesen Worten beschrieb 1951 der damalige Kaufmännische Direktor des Jugendhauses Düsseldorf, Albert Fehrenbach, die Schließung durch die Nationalsozialisten. Damit schien das endgültige Ende des Jugendhauses Düsseldorf gekommen zu sein, das sich seit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 immer deutlicher abgezeichnet hatte. Als Zentrale des Katholischen Jungmännerverbandes Deutschlands (KJMVD) und des DJK-Sportverbandes hatte es versucht, katholische Jugendarbeit trotz und gegen den Absolutheitsanspruch der neuen Machthaber zu ermöglichen. Schließungen, Verbote und Verhaftungen waren in den sechs Jahren die Folge gewesen. Nach Schließung und Enteignung wurden die Mitarbeitenden in alle Himmelsrichtungen zerstreut. Vor allem der im September 1939 beginnende Zweite Weltkrieg forderte auch unter ihnen zahlreiche Opfer. Da die katholischen Jugendverbände wie der KJMVD die Jugendarbeit nicht mehr leisten konnten, übernahmen die deutschen Bischöfe die Verantwortung für diese Aufgabe. Ludwig Wolker arbeitete als Mitglied des sogenannten Dreierrates der Jugendseelsorge an zentraler Stelle mit.

            jhd aussen mit FahnenNach dem Krieg wurde er mit dem Wiederaufbau der Jugendarbeit betraut, die schließlich 1947 in der Gründung des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) mündete. Die Wiedererrichtung des Jugendhauses Düsseldorf war für ihn und alle Verantwortlichen selbstverständlicher Teil dieser Neugründungsarbeit. Nach Rückgabe des Grundstücks in Düsseldorf konnte 1954 der Neubau am Carl-Mosterts-Platz eingeweiht werden.


            [1] Albert Fehrenbach, Ansprache zum GP-Jubiläum am Freitag den 9. November 1951. Hausgemeinschaft Haus Altenberg, in: Archiv des Jugendhauses Düsseldorf II/671.
            Verbote und Verhaftungen
            1938 Verbot WachtRasch wurde deutlich, dass die Arbeit unter den neuen politischen Verhältnissen in Deutschland schwer werden würde. Bereits am 1. Juli 1933 wurde das Jugendhaus Düsseldorf als Zentrale des Katholischen Jungmännerverbandes Deutschlands (KJMVD), einem der größten Jugendverbände in Deutschland, erstmals geschlossen. Gleiches geschah mit Haus Altenberg, das der KJMVD seit 1922 als Erholungs- und Bildungsstätte nutzte. Die Verbandszeitschriften wurden immer wieder verboten bis sie schließlich ihr Erscheinen ganz einstellen mussten. Damit wurde die Hauptverbindung zwischen der Verbandsleitung und den Mitgliedern immer wieder bzw. schließlich ganz unterbrochen.
             
            1936 TornisterverbotZiel der neuen Machthaber war es, dass die Jugend Deutschlands nur in den Jugendverbänden der Partei, der Hitlerjugend und dem Bund deutscher Mädel, organisiert war. Trotz des 1933 geschlossenen Konkordats zwischen dem Vatikan und dem Deutschen Reich wurde die Arbeit der Kirche und ihrer Verbände Schritt für Schritt eingeschränkt. Mit dem Erlass der Polizeiverordnung vom 23. Juli 1935 wurden die konfessionellen Jugendverbände auf den rein kirchlich-religiösen Bereich beschränkt. Damit war es beispielsweise nicht möglich, die verbandseigene Kleidung, die Kluft, zu tragen oder eine Wandertour mit Zeltlager durchzuführen.
             
            Schriftzug KJMVD ReichsamtDas Jugendhaus Düsseldorf tat sein möglichstes, die Arbeit für den Verband so reibungslos wie möglich weiterzuführen. Dies bedeutete vor allem, die Mitglieder umfassend zu informieren, um Schwierigkeiten vor Ort gering zu halten. Außerdem galt es, das spirituelle Leben des Verbandes zu stärken und weiterzuentwicklen. Innerkirchlich setzte sich vor allem Generalpräses Ludwig Wolker für die jugendpastorale Arbeit und die Interessen der Jugendlichen und der Jugendverbandsarbeit ein. Schließlich war er ab 1936 gemeinsam mit dem Generalpräses des Zentralverbandes der Jungfrauenvereinigungen, Hermann Klens, federführend bei der Umsetzung der bischöflichen Richtlinien für die katholische Jugendseelsorge. Mit diesen übernahmen die deutschen Bischöfe die alleinige Verantwortung für die Jugendpastoral.[1]
             
            Zeitungsartikel Das Schwarze Korps Berlin 19370416 120Neben den Verboten und Schließungen trafen die Verhaftungen mehrerer Mitarbeiter 1936 das Jugendhaus hart: Generalpräses Ludwig Wolker, Generalsekretär Jakob Clemens , der ehemalige Reichsführer der Sturmschar Franz Steber und der Reichsführer der Sturmschar Hans Niermann. Während Wolker und Clemens aus der Untersuchungshaft entlassen wurden, erhielten Steber und Niermann im Rahmen des sogenannten Berliner Katholikenprozesses Zuchthaus- bzw. Gefängnisstrafen.

            Weitere schwere Stunden durchlebte das Jugendhaus Düsseldorf 1934: Während eines Treffens mit Ludwig Wolker wurde Adalbert Probst, Reichsführer des DJK-Sportverbandes, 1934 verhaftet und anschließend ermordet.


            [1] siehe hierzu Vater Staat und Mutter Kirche
            "...ich muss auch dem Jugendhaus unsere Elendslage wissen lassen."

            Mit diesen Worten wandte sich 1935 Kaplan Hubert Vietmeier aus Marl an die Zentrale in Düsseldorf.[1] Sein Brief war nur einer von vielen. Sie alle berichteten von Pöbeleien und Überfällen, von Verhaftungen und in einem Fall sogar von Ermordung. Außerdem zeigten sie, wie rasch neue Verordnungen umgesetzt und mit welcher Härte die Auseinandersetzungen oftmals geführt wurden.

            IMG 0685 bearbeitetBericht Kaplan Hubert Vietmeiers aus Marl 1935:
            „Grüss Gott! Es geht nicht anders mehr, ich muss auch dem Jugendhaus unsere Elendslage wissen lassen. Schon beigefügte Anlage lässt manches erkennen, doch die volle Not des hiesigen Jungmännervereins muss ich eigens darlegen.
            Seit Monaten trifft uns der verborgene Kampf gegen uns hier bis ins Mark. Immer mehr liefen die Jungen davon. Weil sie sich auf dem Gang zu unserm Vereinsälchen, übrigens ein feuchter Kellerraum im Rektorat, beobachtet wussten und ihre Kumpel sie als Pfaffenknechte verspotteten, weil sie von H J Mitgliedern auf dem Heimweg ständig angehalten und auch belästigt wurden, kamen stets weniger. In den letzten zwei Monaten waren nur noch zwei Unentwegte, die nichts zu verlieren oder gewinnen haben, die einzigen Besucher des Heimabends [Gruppenstunde]. Durch verschiedene Schreiben der Arbeitsfront u.ä. fühlten sich alle Beschäftigten in die Zwangslage versetzt, ihren Austritt zu erklären, das war aber bei fast allen gleichbedeutend mit völligem Abbruch der Beziehungen. Höchstens zur Monatskommion erscheinen noch manche.
            An älteren Mitgliedern (Jungmannen) haben wir noch einen Invaliden, einen Fuhrmann, einen Kellner bei katholischem Wirt.
            16 jüngere Vereinsmitglieder lassen sich noch mit Zeitschriften und Marken beliefern, davon die meisten Lehrlinge in Marl, einige auf der Anlernwerkstatt, doch diese sind ohne Fühlungnahme mit uns, nur die Eltern zahlen z.T. wider Willen der Jungen.
            Wie stark der Kampf gegen uns ist, ersieht jeder aus den Inschriften auf dem Straßenpflaster:
            1. Jungschar hütet euch vor H J (am Zechenplatz)
            2. Wir fordern die Versetzung von Kaplan Vietmeier (Hauptverkehrspunkt)
            3. Heute ist es das letzte Mal, dass H J von der Sturmschar überfallen (am Marktplatz, dabei ist nie etwas von uns gesch[ehen] [2]
            4. H J hat auch einen Gott (vor der evgl. Kirche)
            5. H J fürchtet nicht mehr die Sturmschar (am Kreuz nahe der Post)
            6. H J fordert die Versetzung von Kpl. V. (Nähe der Marler Kirche)“ [3]

            Loersch Bericht Pfarrer Neumann S 1 WebPfarrer Peter Neumann über die Erschießung Erwin Lörschs am 24. Juni 1935
            „Am 23. Juni feierten wir in Lauschied das Fronleichnamsfest mit Prozession durch die Straßen des Ortes. Die Feier verlief ohne Störung. Zum erstenmal führten wir in der Prozession unser neuangeschafftes und an Pfingsten kirchlich eingeweihtes Christusbanner mit, das von 3 Jungmännern unseres Jünglingsvereins, - darunter war auch Erwin Lörsch – abwechselnd getragen wurde. Im Laufe des Nachmittags hörte ich von verschiedener Seite, daß einige H.J. Mitglieder sich geäußert hatten, ‚das PX Zeichen an einer Ehrenpforte reißen wir herunter.‘ [...]
            In der Nacht nun gegen 1/2 1 Uhr werde ich von einem Pfarrkind namens [R.S. …]aus dem Schlafe aufgeweckt, ich sollte sofort kommen, „der Erwin Lörsch sei erschossen worden“. Ich machte mich in aller Eile fertig, nahm das hl. Oel und [R.S. …] führte mich in das Haus des [H.S. …], wo fast das ganze Dorf sich in und vor dem Haus angesammelt hatte. In der Küche lag nun Erwin hingestreckt auf dem Boden und war tot.
            Bedingt spendete ich ihm in kürzester Formel die hl. Oelung.
            Bezüglich der Veranlassung zu dieser ruchlosen Tat habe ich folgendes zu sagen, was ich festgestellt habe.
            […]
            Wie alljährlich so gaben die Musiker, die bei der Prozession gespielt hatten, im Saal Kron ein Conzert, was polizeilich genehmigt war. Alles verlief in Ruhe und Ordnung. Nebenbei bemerkt ist die Wirtschaft für die S.A. gesperrt, weil der Wirt ein guter Katholik ist und an Silvester gegen die S.A.Leute aufgetreten ist. Verschiedentlich ist aber gegen 10 Uhr abends Stolz [der Täter] draußen am Fenster gesehen worden, anscheinend wollte er sich erkundigen, ob Erwin drin sei. Gegen 11 Uhr verließen die Leute die Wirtschaft und Erwin mit noch 3 Jungen, […] Als Erwin ihn [Stolz] sieht, ruft er ihm zu: „was willst du hier, bleib mir 3 Schritte vom Leib, du Kommunist“. Stolz zieht den Revolver und schießt Erwin nieder, ruft den andern zu: „komm mir nur keiner nach, sonst schieß ich ihn auch nieder“. Erwin geht noch 3-4 Schritte weiter und bricht zusammen, worauf die 3 andern aus Angst fortlaufen. […] Inzwischen sind auf den Schuß hin die Leute aus der Nachbarschaft herbeigekommen und man trug Erwin in das Haus des [H.S. …], der aber schon kein Lebenszeichen mehr von sich gab. Gegen 1/2 1 Uhr wurde ich denn auch gerufen und fand Erwin, wie oben bereits geschildert.“ [4]

            1934 Sturmscharlager WaschenbeurenBericht über das Zeltlager der katholischen Jugend Breslau 1935

            „Die zweite Woche im Lager vom 15.7. – 21.7.35.
            Am Sonntag standen wir um 6 Uhr auf, wuschen uns, verrichteten das Morgengebet, und gingen zur Hl. Messe. Als wieder ins La Lager zurückkamen, frühstückten wir. Dann waren Lagerkreise. Um 12 Uhr gab es das Mittagessen. Nachher kam die Lagerruhe und daran anschliessend das Schwimmen. Für die Nachmittage war meistens Kurfahrt angesetzt. Um 7 Uhr abds. gab es das Abendbrot. Nach diesem folgte immer eine Abendveranstaltung. Dann kam das Abendgebet und gingen wir alle schlafen. Am Sonntag nachm. mussten wir Holz holen, da wir die Nachtwachte hatten. Und abends besuchten uns zwei Strolche das Lager, es waren der Herr Schwarte u. der Herr Kahl. Sie spielten allerlei Unfug und sangen lustige Lieder, auch einige Witze brachten sie zu Gehör. Nach diesem lustigen Teil gingen wir um 9 Uhr schlafen. Montag machten wir eine Nachtfahrt nach der Hohen Eule. Wir gingen nachts um 2 Uhr weg. Als wir oben waren, da war es schon hell. Und hier oben hatten wir auch eine Fliegenplage, dass man es kaum aushalten konnte. Da der Aussichtsturm geschlosssen war, gingen wir wieder auf einem anderen Wege zurück. Auf dem halben Wege merkten wir, dass sich einige von uns verlaufen hatten. In der Hoffnung, dass sie schon finden werden, gingen wir nach Hause. Am Dienstag wurde das erste Mal die Speyer-Dom-Festmesse gesungen. Am Vormittag und an den zwei nächstfolgenden Vormittagen wurden Sportkämpfe durchgeführt, weil am Sonntag das Sportfest steigen sollte. Am Mittwoch Mittag hatten wir hohen Besuch aus Breslau, es waren unser Herr Erzpriester u. zwei andere Geistliche auf Besuch da. Donnerstag konnten wir den Herrn Kuratus Lassmann von den Josefiten begrüssen. Am Freitag zu Mittag kam ein Wachtmeister, und er berichtete, dass das Lager aufgelöst werden soll, weil die Jungschar verboten sein soll. Das war uns allen nicht möglich, aber wir mussten abziehen u. so packten wir unsere Sachen. Auch durften wir keine Kluft mehr tragen. Am Sonnabend fuhren wir nach Hause, wo wir hörten, dass nur Kluft- und Lagerverbot besteht. Das war gut, denn ich wäre sowieso nicht die H.J. gegangen. Mir gefiel es im Lager sehr gut, und ich werde immer gern an die schönen Stunden zurückdenken.
            'Treu Heil'!
            gez. Walter Rembiak."

            "Die Rückfahrt aus dem Lager
            Am Sonnabend früh standen wir um 8 Uhr mit traurigen Gesichtern auf, denn es sollte ja xx früher nach Hause gehen, weil wir von x höherer Gewalt aus das Lager abbrechen mussten. Nach gemeinsame Waschen u. Morgengymnastik zogen wir noch einmal zum Kreuz hinüber wo wir unser letztes gemeinschaftliches Morgengebet verrichteten. Um 3 Uhr erschienen die Omnibusse und das Einsteigen gingen gruppenweise von statten. Jeder mußte sich auf den Platz, den er auf der Herfahrt hatte, setzen. Wir fuhren über Gl.-Fälkenberg, Kynsburg, Schweidnitz nach Breslau. Als wir oben am Berg ankamen, sahen wir noch einmal ins Tal, wo wir unsere Zelte stehen hatten, auch das Bad konnte man deutlich sehen. Und jetzt ging es bergab, wo wir am Fusse der Kynsburg eine Rast machten. Wir gingen gruppenweise zur Kynsburg. Vor der Kynsburg erklärte uns der Herr Gromotka einiges von der Kynsburg. Dann gingen wir in die Burg hinein, und da hatten wir einen schönen Rundblick über die schlesische Talsperre. Nach einer halben Stunde ging es an der Talsperre vorbei, wo uns die Omnibusse in einem Dorfe abholten. Bei dem Abmarsch fanden wir verschiedene Brom- und Himbeeren. Auch an einer Quelle tranken wir Wasser. Von der Kynsburg bis zu Hause war die Fahrt sehr lustig. Es wurden einige lustige Lieder u. Schnoken gesungen. Um 7 Uhr trafen wir in Breslau am Heim ein, und es ging ein jeder mit seinem Ränzel nach Hause.

            „Treu Heil“!
            gez. Karl Kämmer.“ [5]

            Guertel 01Verhaftung von Mitgliedern der Sturmschar Nieukerk
            „Protokoll
            Auf Grund der im folgenden geschilderten Ereignissen wurden in Nieukerk 9 Sturmschärler von der Polizei und Gendarmerie verhört. Es wurden von dem Führer der Nieukerker Sturmschar Kurt, Rous folgendes zu Protokoll gegeben:
            Pfingsten 1935 lernte ich bei Gelegenheit der Exerzitien in Hochelten den Sturmschärler Ludwig Vogedes und einige seiner Jungen kennen. Wir befreundeten uns und ich lud denselben zu einem Besuch bei mir ein. In einem späteren Briefe, in welchem ich ihm damals angefertigte Bilder schickte, erneuerte ich meine Einladung. Wir trafen uns in Altenberg bei einem Führerkursus. Am 1. November teilte mir Ludw. Vogedes schriftlich mit, dass er, wie besprochen, mit einigen der Jungen mich besuchen würde. Da sie schon am Samstag abend kamen, wollte ich sie für die Nacht bei Verwandten in Sevelen unterbringen. Ich schickte 2 Gruppen zu je 4 Jungen nacheinander auf den Weg dortin, wo sie kurz vor dem Ziel an einer Wegkreuzung warten sollten, wo ich ihnen Näheres für den Sonntag mitteilen wollte. Auf diesem Wege wurden wir von Hitlerjungen, Privatleuten und Polizei festgenommen und zum Verhör vorgeführt. Ich hatte beabsichtigt, 2 gleiche Gruppen auf meine Verwandten in Heiderp und Sevelen-Vorst zu verteilen. Mit ersteren hatte ich bereits tagsvorher Rücksprache genommen. Sonntag würden wir dann gemeinschaftlich an einer Frühmesse in Sevelen teilgenommen haben und dann wollten wir je nach Interesse der Jungen in kleinen Gruppen in die verschiedene[n] Naturgebiete der Umgebung wandern. Vor der Heimfahrt hatte ich einen kurze Andacht in einer nahegelegenen Kapelle beabsichtigt. - -
            Nach unserer Vernehmung, die 8 1/2 Stunden in Anspruch nahm wurden uns einige Brotbeutel, 2 Tornister, verschiedene Becher, 2 Koppel, sämtliche Liederhefte, Notizbücher, Kirchengebete und Briefschaften abgenommen und dann um 3 1/2 Uhr morgens wurden wir entlassen. Etwa 30 Meter vom Rathause entfernt, wurden wir aus dem Hinterhalt überfallen und einige von uns misshandelt. Die herbeigerufene Polizei leuchtete nur ein paar mal die Straße auf und ab und ging dann davon.
            Nieukerk, 3. November 1935“ [6]


            [1] Schreiben Kaplan Hubert Vietmeiers an das Jugendhaus Düsseldorf, 4. September 1935 (Eingansstempel), in: Archiv des Jugendhauses Düsseldorf, II/39.
            [2] Die Sturmschar war Teil des Katholischen Jungmännerverbandes Deutschlands (KJMVD).
            [3] Schreiben Kaplan Hubert Vietmeiers an das Jugendhaus Düsseldorf, 4. September 1935 (Eingansstempel), in: Archiv des Jugendhauses Düsseldorf, II/39.
            [4] Bericht über die Erschießung des Jungmann Erwin Lörsch durch den Scharführer der S.A. Peter Stolz aus Lauschied in der Nacht vom 24. Juni 1935. Pfarrer Peter Neumann von Lauschied, in: Archiv des Jugendhauses Düsseldorf II/39.
            [5] Bericht in Archiv des Jugendhauses Düsseldorf, 4.6/002-001.
            [6] Protokoll im Archiv des Jugendhauses Düsseldorf, II/39. Über die Ereignisse berichtete später auch Fritz Meyers; siehe „erinnern-mahnen-widerstehen“

            Gottesreich und Deutsches Reich

            "Das Volk soll sehen, was ist und wo wir stehen."
            Ruf von TrierMit diesen Worten rief der Katholische Jungmännerverband Deutschlands (KJMVD) vor der Wahl 1933 zu Kundgebungen auf, um die Stimme für Freiheit und Menschenrechte zu erheben und ein Zeichen gegen die "versuchte Alleinherrschaft über Öffentlichkeit und Strasse" der Nationalsozialisten zu setzen.[1] Immer wieder hatte die KJMVD-Zentrale in den Jahren zuvor in den Mitgliederzeitschriften Beiträge zu den verschiedenen politischen Strömungen veröffentlicht. In seiner politischen Meinungsbildung befasste sich der Verband zunächst mehr mit kommunistischen als mit nationalistischen Positionen, doch setzte er sich mit letzteren zunehmend kritisch auseinander. Wichtig war ihm stets das klare und offene Bekenntnis zu Gott, Kirche und Staat – in dieser Reihen- und auch Rangfolge. Die 6. Reichstagung 1931 wurde angesichts der politischen Situation zu einer Großveranstaltung ausgeformt, die als „Ruf von Trier“ Verbandsgeschichte schrieb. Allein zu der Abschlusskundgebung kamen 15.000 Teilnehmer aus allen Teilen Deutschlands, die das „Kampfgelöbnis für Deutschland“ deutlich sichtbar unterstützten: gegen Nationalsozialismus und Kommunismus, für Freiheit, für ein Lebensrecht aller, für eine neue Wirtschaftsordnung, für eine freiheitliche Verfassung, für Abrüstung und Völkerverständigung.[2] Teil dieser Kundgebung war das Theaterstück „Der Reichssucher“, das den politischen Charakter dieser Reichstagung und die aufgeladene politische Situation in Deutschland noch einmal verdeutlichte. Andere Veranstaltungspunkte, wie die Apostelweihe in St. Matthias oder die Schlussfeier im Trierer Dom, setzten gemäß des Mottos der Reichstagung „Unser Reichsgedanke im Gottesreich, im Jugendreich, im Deutschen Reich“ religiöse Akzente.[3]

            ROM III 57Nur vier Jahre nach Trier war das Jugendhaus Düsseldorf als Verbandszentrale wieder in Vorbereitungen für eine Großveranstaltung eingebunden, mit der ein klares Bekenntnis abgelegt wurde. Jedoch waren unter nationalsozialistischer Herrschaft die Vorbereitungen ungleich schwieriger und die Folgen für die Teilnehmer gravierender. Die Romfahrt der Sturmschar, der Pfadfinderschaft Sankt Georg und des Bundes Neudeutschland zeigte Ostern 1935 nicht nur den Menschen in Deutschland, sondern der ganzen Welt eine andere Jugend als es die Machthaber in Berlin wollten. Rund 2.000 junge Männer zelteten vor den Toren Roms, zogen in Kolonnen in die Ewige Stadt, trafen Papst Pius XI. und vollzogen den Wechsel an der Spitze der Sturmschar. Hans Niermann trat die Nachfolge als Reichsführer an, und sein Amtsvorgänger Franz Steber heiratete im Petersdom. Die Reaktion der Nationalsozialisten ließ nicht lange auf sich warten. Schon an der Grenze wurde die Ausrüstung der Jugendlichen beschlagnahmt. „Da – an der deutschen Grenze nehmen uns Beamte, deutsche Beamte, in Empfang, ‚sortieren‘ unser gesamtes Gepäck und beschlagnahmen nicht nur die verstauten silbergrauen Hemden, sondern auch Affen, Brotbeutel und Leibriemen, ja sogar Geigen, Klampfen, Fotoapparate und Filme. Man notiert unsere Namen und Anschriften. Dann dürfen wir weiterfahren.
            Liste Beschlagnahmte Gegenstaende II 203Voll ohnmächtiger Wut über diese durch nichts begründete Ungerechtigkeit fahren wir ins deutsche Vaterland hinein. Schutzlos sehen wir uns der Willkür der Diktatur ausgesetzt. Dunkel legt sich auf unsere Seelen.“[4]
            Später kamen manche, wie der Trierer Diözesanführer Johannes Müller, in Haft. Was blieb war das eindrucksvolle Zeugnis der Jugendlichen und die Machtdemonstration des Staates.


            [1] Schreiben des Reichsamtes des Katholischen Jungmännerverbandes Deutschlands vom 16. Februar 1933, in: Archiv des Jugendhauses Düsseldorf II/162.
            [2] Kundgebung der Reichstagung. Kampfgelöbnis für Deutschland!, in: Die Wacht. Zeitschrift katholischer Jungmänner, 27. Jg. 1931, Heft 8, S. 249-250.
            [3] Zur Reichstagung siehe: Ruf von Trier. Bericht über die VI. Reichstagung des Katholischen Jungmännerverbandes Deutschlands 1931 in Trier. Hrsg. von Jakob Clemens, Düsseldorf (1931).
            [4] Bericht Fritz Meyers aus Geldern vom 9. August 1956, S. 10, in: Archiv des Jugendhauses Düsseldorf II/644. - Meyers erinnert sich in dem Bericht an einen Aufenthalt im Frühsommer 1937 auf der Burg Raesfeld, bei dem ein namentlich nicht genannter Jungendlicher, der an der Romfahrt teilgenommen hatte, dies erzählt.
            Vater Staat und Mutter Kirche
            TheaterstueckTreue zu Kirche und Staat waren für den Katholischen Jungemännerverband Deutschlands (KJMVD) gleichermaßen wichtig. Die Weimarer Republik und deren christlich-konservative Politiker, hier vor allem Reichskanzler Heinrich Brüning, wurden offen unterstützt. Kommunismus und Nationalsozialismus wurden abgelehnt. So hieß es beispielsweise 1930 in der Mitgliederzeitschrift „Die Wacht“ zur Verhaftung einiger Reichswehroffiziere, die der NSDAP angehörten: „Die Aufgabe der Reichswehr ist es, das Volk nach innen und außen zu schützen. Die Nationalsozialisten kämpfen offen gegen die Republik und gegen die Regierung. Wenn sie könnten, würden sie die Regierung stürzen und den Reichstag nach Hause jagen. Solche Leute kann der Staat nicht unter seinen Offizieren und Beamten dulden.“[1]

            Stimmen der Jugend DeutschlandNachdem die Nationalsozialisten die Regierung übernahmen, sah sich die Zentrale im Jugendhaus Düsseldorf vor die Aufgabe gestellt, Wege zu finden, mit und in diesem neuen deutschen Staat zurecht zu kommen. In einigen Ausgaben der Mitgliederzeitschrift „Die Wacht“ im Jahr 1933 wurden daher Beiträge abgedruckt, die dem neuen Zeitgeist entsprachen und mit denen die Redaktion aber dennoch versuchte, christliche Standpunkte zu wahren. Als Beispiel sei hier ein Text von Heinrich Lersch genannt, der als katholischer Arbeiterdichter galt und mit den Nationalsozialisten sympathisierte.[2] Dieser Weg wurde aber rasch wieder aufgegeben. Neben den Mitgliederzeitschriften versuchte die Düsseldorfer Zentrale zwischen 1935 und 1937 zusätzlich mit Schallplatten die Jugendlichen zu erreichen. Besonders die Ansprachen von Generalpräses Ludwig Wolker und Kardinalstaatssekretär Eugenio Pacelli, dem späteren Papst Pius XII, sollten Stütze und Anleitung sein.

            Wie schwer es die Kirche und ihre Organsiationen in dem nationalsozialistischen Staat hatten, hatte bereits die erste Schließung des Jugendhauses Düsseldorf im Juli 1933 gezeigt. Ein steiniger Weg sollte in den Jahren bis 1939 und dann bis 1945 noch folgen. In der Kriegszeit stellte sich die Frage nach dem Gehorsam dem Staat gegenüber für manch einen Jugendlichen in verschärfter Form. Die Verbandsführung rief aber weder zum aktiven Widerstand noch zur Kriegsdienstverweigerung auf. Die Jahre wurden eher als eine Zeit der Bewährung gesehen, die die Kirche zu bestehen und in der jeder einzelne Opfer zu erbringen habe.[3]

            Bornewasser Wacht 1930Seit der Staat die Arbeit der Verbände mehr und mehr einschränkte, waren die deutschen Bischöfe gezwungen, die Intitiative in Sachen Jugendpastoral zu ergreifen. Sie beauftragten 1935 den Trierer Bischof Franz Rudolf Bornewasser, Richtlinien für die Jugendseelsorge zu erarbeiten. Damit sollte die Jugendarbeit ein neues Fundament erhalten und die Arbeit einheitlicher gestaltet werden. Neu war vor allem die Festschreibung der Jugendpastoral als „Pflichtaufgabe der ordentlichen Seelsorge“, die „zu den wichtigsten Dienstobliegenheiten des Pfarrers und aller seiner Hilfsgeistlichen“ gehörte. Damit kamen auf die Geistlichen Aufgaben zu, die bislang mehrheitlich von den Verbänden wahrgenommen worden waren. So ist es nicht verwunderlich, dass Präsides der Verbände, vor allem Ludwig Wolker, Hermann Klens und Pater Ludwig Esch SJ, Kurse abhielten und die neuen Richtlinien erläuterten. Die Jugendlichen ihrerseits betrachteten den neuen „Referent für Jugendseelsorge“, Franz Rudolf Bornewasser, rasch als „ihren“ Bischof. Somit war der Titel des Jugendbischofs geboren, der bis heute gebräuchlich ist.[4]

            Fahnentraeger laufendBesondere Aufmerksamkeit wurde seit 1936 den Bekenntnistagen gewidmet. Sie sollten einerseits die Jugendpastoral in den Bistümern und Pfarreien verankern, andererseits den Jugendlichen ein religiöses Gemeinschaftserlebnis verschaffen. Zu ihm wurden alle Jugendlichen, also Jungen und Mädchen gemeinsam, aufgerufen. Die umfangreichen Vorbereitungen wurden vor allem im Jugendhaus Düsseldorf getroffen. Die Resonnanz war groß. Anschließend trafen zahlreiche Berichte ein, die alle von einem guten Verlauf und Begeisterung berichteten. So schrieb das Speyerer Ordinariat an Bischof Bornewasser:
            „Besonders eindrucksvoll war die Kundgebung im Dome zu Speyer.Nahezu 5000 füllten die weiten Hallen des Riesenbaues.Seine Exzellenz, der Hochwürdigste Herr Bischof [Ludwig Sebastian] wandte sich,trotzdem er am Vormittag die Einweihung einer Kirche mit drei Altären vorzunehmen hatte,mit begeisterterten Worten an seine Jugend,die sein Erscheinen denkbar herzlich begrüsste.Die Gottbekenntnisstunde im Dom brachte ein religiöses Erlebnis,wie es stärker auch die grossen Tage des Domjubiläums anlässlich der 900-Jahrfeier des Domes nicht bringen konnten.“[5]
            Zwar gab es auch Kritik, die sich aber auf den organisatorischen Ablauf bezog, nicht aber den Bekenntnistag an sich in Frage stellte. Die Bekenntnistage wurden bis 1968 – auch ohne Unterbrechung während des Zweiten Weltkrieges – durchgeführt.


            [1] Nationalsozialisten in der Reichswehr, in: Die Wacht. Zeitschrift katholischer Jungmänner, 26. Jg. 1930, Heft 5, S. 155.
            [2] Heinrich Lersch, Bekenntnis, in: Die Wacht. Zeitschrift katholischer Jungmänner, 29. Jg. 1933, Heft 9, S. 259.
            [3] Zu diesem Themenkomplex siehe auch: Wilhelm Damberg, Kriegserfahrung und Kriegstheologie 1939-1945, Ludwig Wolker und der "Weg des Soldaten Johannes" (Niermann), in: Theologische Quartalsschrift - Sonderdruck 182(2002)4, S. 322-334. Maria Wego, Ludwig Wolker. Seelsorger und „General“, in: Düsseldorf Jahrbuch. Beiträge zur Geschichte des Niederrheins. Bd. 76 (2006), S. 230-232.
            [4] vgl. hierzu Ludwig Wolker, Das kirchliche Jugendgesetz und seine bisherige Durchführung, in: Kirche und Jugend. Bericht über den Kurs für Jugendseelsorger vom 4. bis 12. Oktober 1937 in Bad Soden-Salmünster, Mainz 1938, S. 55.
            [5] Bericht des Bischofs von Speyer an den Bischof von Trier, 17. Juni 1936, in: Archiv des Jugendhauses Süddelsorf II/634b.

            Nach 1945

            Erinnern | Mahnen | Widerstehen

            Altenberger Dokumente 07 Katholische Jugend in der NS Zeit Titel“Die hier erstmalig veröffentlichten Aufzeichnungen schildern Ereignisse, die vor nur 15 – 20 Jahren mitten unter uns geschahen. Und doch werden sie unseren Zwanzigjährigen – und auch vielen aus der älteren Generation – fremder und unwirklicher erscheinen als etwa die Landung eines Marsbewohners auf dem Marktplatz der Stadt Geldern! Junge Menschen vor allem sollten jedoch um vergangenes Geschehen wissen und aus ihm lernen suchen.

            Das Anliegen dieser Aufzeichnungen ist ein dreifaches: Den Jüngeren unter uns das Heute verständlicher zu machen im Rückblick auf gestern; die Älteren anzurufen: sich zu erinnern, nicht zu vergessen, nichts abzuschwächen; jeden einzelnen von uns aber zu mahnen, wachsam zu sein. Denn ‚ ü b e r a l l u n d z u a l l e n Z e i t e n haben die Dämonen im Dunkeln gelauert auf die Stunde, da der Mensch schwach wird, da er seinen ihm von Gott auf Freiheit gegründete Stellung im ordo eigenmächtig verläßt, sich von den Mächten höherer Ordnung loslöst und so, nachdem er den ersten Schritt freiwillig getan zum zweiten und dritten und immer mehr getrieben wird, mit rasender Geschwindigkeit‘. (Aus einem Flugblatt der ‚Weißen Rose‘ aus dem Jahr 1942.)“[1]

            Viele Berichte dieser Art erreichten 1956 nach dem Aufruf des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) das Jugendhaus Düsseldorf.[2] Die daraus entstandene Materialsammlung wurde unter dem Titel „Katholische Jugend in der NS-Zeit“ 1959 veröffentlicht. Sie ist damit eine der ersten Publikationen, in denen sich die katholische Jugend mit der Geschichte jener Jahre auseinandersetzte.[3] Wichtig war dabei nicht nur das Erinnern, sondern vor allem die Lehren und die Verantwortung für Gegenwart und Zukunft. Dies zieht sich als roter Faden durch weitere Veröffentlichungen, die im Jugendhaus Düsseldorf verantwortet wurden: über die Lübecker Kapläne Johannes Prassek, Hermann Lange und Eduard Müller, den Diözesanjugendseelsorger von Meißen Dr. Bernhard Wensch sowie die Ausarbeitung "Sie hielten stand" über die Sturmschar[4].

            Seuffert Franz und AdolfWährend diese mehr wissenschaftlich orientierten Publikationen eher für die Verantwortlichen der Jugendpastoral verfasst wurden, richteten sich Josef Seuffert mit „Franz und Adolf“ und „Franz muss in den Krieg“[5] sowie Willi Weiskirch mit „Als die gold‘ne Abendsonne…“ an Jugendliche.[6] Bereits 1960 war in einem Buch mit Vorlesegeschichten die Erzählung von Elisabeth Langgässer „Saisonbeginn“ aufgenommen worden.[7] Ausstellungen wie "... nun sind Gesichter unsere Fahnen" folgten in den Jahrzehnten danach.

             

            BAG KRBis heute setzte und setzt sich der BDKJ dafür ein, sich mit der Historie zu befassen und der daraus erwachsenden besonderen Verantwortung Position für Freiheit und Menschenrechte und gegen Rassismus und Rechtsextremismus zu beziehen. Dies geschieht durch Schwerpunktthemen in den verschiedenen Publikationen der Mitglieds- und Diözesanverbände und in der Mitarbeit in der Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus.



            [1] Bericht Fritz Meyers aus Geldern vom 9. August 1956, S. 10, in: Archiv des Jugendhauses Düsseldorf II/644.
            [2] Chronik des Bundes, in: Der Jungführer Heft VI 1955/1956, S. 45.
            [3] Katholische Jugend in der NS-Zeit, zusammengestellt von Heinrich Roth, Altenberger Dokumente. Quellenschriften zur katholischen Jugendseelsorge und Jugendführung Heft 7, Düsseldorf 1959.Katholische Jugend in der NS_Zeit.pdf72.15 MB
            [4] Johannes Prassek, Hermann Lange, Eduard Müller. Die durch das Fallbeil hingerichteten drei Lübecker Kapläne, in: Seelsorger der Jugend, bearbeitet durch Bundespräses Bokler, Altenberger Dokumente. Quellenschriften zur katholischen Jugendseelsorge und Jugendführung Heft 5, Düsseldorf 1963, S. 35-42.; Dr. Bernhard Wensch. Diözsanjugendseelsorger der Mannesjugend im Bistum Meißen in: ebd. S. 35-42; Altenberger Dokumente 07 Prassek.pdf4.1 MB; Altenberger Dokumente 07 Wensch.pdf3.38 MB
            Sie hielten Stand. Sturmschar im Katholischen Jungmännerverband Deutschlands, hrsg. von Bernd Börger / Hans Schroer, Düsseldorf 1990.
            [5] Josef Seuffert, Franz und Adolf, Düsseldorf 1962; Josef Seuffert, Franz muss in den Krieg, Düsseldorf 1964
            [6] Willi Weiskirch, Als die gold’ne Abendsonne …, Düsseldorf 1964.
            [7] Elisabeth Langgässer, Saisonbeginn, in: Das Zeichen dem widersprochen wird. Hrsg. von Erika Jansen, Düssseldorf 1960, S. 148-151.

            Exkurs

            DJK-Sportverband
            Geschaeftszimmer DJKEng verbunden mit dem Katholischen Jungmännerverband Deutschlands (KJMVD) und dem Jugendhaus Düsseldorf war der DJK-Sportverband (DJK). Nachdem erste Wander- und Sportgruppen im KJMVD entstanden waren, erschien bereits 1912 eine Sport-Beilage in der KJMVD-Mitgliederzeitschrift. Auf der Generalversammlung des KJMVD in Würzburg wurde 1920 der „Deutsche Jugendkraft - Reichsverband für Leibesübungen in katholischen Vereinen“ gegründet. Obwohl der Generalpräses des KJMVD in Personalunion auch Vorsitzender der DJK und das Jugendhaus Düsseldorf Sitz des Verbandes war, nahm die DJK eine eigene, vom KJMVD unabhängige Entwicklung. Als Sportverband für Jungen unterhielt sie eigene Sportplätze, bot Schulungen für die Aktiven an und führte eigene Sportveranstaltungen durch.

            Grab ProbstMit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurden die Arbeitsmöglichkeiten wie die aller Verbände und Vereine schnell und deutlich eingeschränkt. Im Sommer 1934 musste die DJK um ihren Reichsführer Adalbert Probst trauern, der im Zusammenhang des sogenannten Röhm-Putsches von Nationalsozialisten ermordet worden war. Nur ein Jahr später, im Juli 1935, wurden den katholischen Verbänden per Erlass des Reichsinnenministers alle sportlichen Aktivitäten untersagt und die DJK verboten. Damit war das Jugendhaus Düsseldorf vier Jahre vor seiner Schließung 1939 nur noch Sitz der Zentrale des KJMVD.

            Nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte 1947 die Wiedergründung der DJK. Nach Errichtung des Neubaus 1954 wurde das Jugendhaus Düsseldorf wieder Sitz der DJK-Zentrale und blieb es bis 2013.
            Bundeshaus des Zentralverbandes der Jungfrauenvereinigungen
            Bundeshaus Postkarte swNur wenige hundert Meter vom Jugendhaus Düsseldorf entfernt war das Bundeshaus des Zentralverbandes der Jungfrauenvereinigungen. Damit waren die beiden größten deutschen Jugendverbände mit je einer knappen Million Mitgliedern Nachbarn. Zwar galten für den Zentralverband die gesetzlichen Regelungen ebenso wie für alle anderen Jugendverbände, doch waren die Mitglieder nicht in gleichem Maße betroffen wie die des Katholischen Jungmännerverbandes Deutschlands (KJMVD). Dies lag daran, dass die Ausrichtung der Verbandsarbeit gemäß des Rollenbildes der Zeit nicht politisch war. Die Mädchen und jungen Frauen wurden vor allem auf ihre Aufgaben als Frau und Mutter vorbereitet, die im Zentrum einer christlichen Familie stand. Zwar verlor der Verband auch die unverheiratete, berufstätige junge Frau nicht aus dem Blick, doch wie sehr der Fokus auf Ehe und Familie lag, zeigt die enge Verbindung zum Mütterverein. Er war nicht nur im gleichen Haus untergebracht, sondern der Generalpräses des Zentralverbandes, Hermann Klens, war auch Präses der Müttervereine.

            Gruppe vor dem Bundeshaus Knospen 6 1933 S 145 swDas Bundeshaus des Zentralverbandes wurde wenige Monate nach dem Jugendhaus am 3. Juli 1939 geschlossen. Jugendpastorale Mädchenarbeit war nunmehr nur noch im Rahmen der Pfarrei gemäß den kirchlichen Richtlinien für die Jugendseelsorge möglich.[1] Hermann Klens übernahm gemeinsam mit Ludwig Wolker und Pater Ludwig Esch SJ die Aufgabe, Kurse abzuhalten und die neuen Richtlinien zu erläutern. Der Schwerpunkt lag dabei selbstverständlich auf der Mädchenarbeit.

            Anders als andere Jugendverbände wurde der Zentralverband nach dem Zweiten Weltkrieg nicht wieder errichtet. Er ging, ebenso wie der KJMVD, mit der Gründung des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) im März 1947 in diesem neuen Bund auf. Hermann Klens übernahm als früherer Generalpräses des Zentralverbandes das Amt des BDKJ-Bundespräses Frauenjugend. Das Bundeshaus in Düsseldorf war bis zum Bezug des Neubaus des Jugendhauses Düsseldorf 1954 neben Haus Altenberg Sitz des BDKJ und der Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz. Heute beherbergt das Gebäude die Zentralstelle der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd).


            [1] Richtlinien für die Jugendseelsorge

            Persönlichkeiten

            Franz Rudolf Bornewasser (1866–1951)

            Theologiestudium in Bonn und Köln ab 1891, Priesterweihe in Köln 1894, Direktor des Gregoriushauses in Aachen 1899, Pfarrer in Elberfeld 1909, Pfarrer in Hasselsweiler 1914, Professor für Pastoraltheologie und Subregens am Kölner Priesterseminar 1916, Stiftspropst und zugleich Weihbischof in Trier 1921, Bischof von Trier 1922, Beauftragter der Fuldaer Bischofskonferenz für die Jugendseelsorge 1935

            Franz Rudolf BornewasserBornewasser Wacht 1930 war als erster Jugendbischof Deutschlands nur ein Jahr im Amt. Aufgrund der politisch schwierigen Situation gab er das Amt 1936 in die jüngeren Hände Bischof Albert Stohrs (Mainz). Dass die deutschen Bischöfe zunächst Bornewasser mit dem Amt betrauten verwundert nicht, denn er hatte stets engen Kontakt zu den Jugendverbänden gehalten: Das große Reichstreffen des Katholischen Jungmännerverbandes Deutschlands (KJMVD) hatte 1932 in Trier stattgefunden, und die katholische Jugend des Saarlandes hatte bereits 1934 einen Bekenntnistag durchgeführt, der dann ab 1936 in ganz Deutschland durchgeführt wurde.[1] Bornewassers Nähe zur Jugend zeigt auch sein Besuch von Mitgliedern der Sturmschar im Gefängnis 1935:

            „Am 1.8.1935 kam Wachtmeister Thielen zu mir, ich sollte mich besser anziehen, mich erwarte hoher Besuch. Es war Bischof Dr. Franz Rudolf Bornewasser in Begleitung eines Regierungsrates als Kontrollperson. Noch heute klingen mir seine markanten Worte im Ohr: ‚Und das sollen Sie wissen, Ihre Sache ist meine Sache‘. In Anspielung auf den Gefängnisaufenthalt von Bischof Eberhard in der Kulturkampfzeit: ‚Es ist das erste Mal seit 1874, daß ein Trierer Bischof das Gefängnis betritt‘. Er erkundigte sich eingehend über mein Befinden und Tun, versicherte mir sein tägliches Gedenken im Gebet und gab mir seinen Segen. Vorher waren Johannes Müller und Martin Krisam bei ihm, wir drei als Faktumskollegen jeder einzeln. Dieser Besuch hat unsere Stellung im Bau erheblich aufgewertet und uns zuversichtlich auf ein gutes Ende gemacht.“[2]


            [1] vgl. "Das Volk soll sehen, was ist und wo wir stehen!"
            [2] Franz-Josef Krehwinkel, Sturmschar unter dem NS-Regime, in: Sie hielten stand. Sturmschar im Katholischen Jungmännerverband Deutschlands, Düsseldorf 1990, S. 110.
            Jakob Clemens (1890–1963)

            Priesterweihe 1914, Diözesanpräses des Katholischen Jungmännerverbandes Deutschlands (KJMVD) von Köln ab 1927, Generalsekretär des KJMVD 1927-1938, Untersuchungshaft 1935,
            Pfarrer an St. Engelbert in Köln 1938-1963

            ClemensFast zeitgleich mit dem neuen Generalpräses des Katholischen Jungemännerverbandes Deutschlands (KJMVD), Ludwig Wolker, trat Jakob Clemens seinen Dienst im Jugendhaus Düsseldorf an. Als Generalsekretär des KJMVD gestaltete er an zentraler Stelle die Entwicklung des Verbandes in den Jahren bis zum Verbot 1939 mit. Zwar stand er immer im Schatten Wolkers, was in Person und Amt gleichermaßen begründet war, doch gehörte er zu den wichtigen Persönlichkeiten des KJMVD. Neben der innerverbandlichen Arbeit trat er als Redner bei Veranstaltungen in Erscheinung, bei denen er Position für eine christlich geprägte Gesellschaft bezog, in der die Jugendverbände sich frei entfalten konnten.

            Im Kontext der Verhaftungen, die zum sogenannten Berliner Katholikenprozess führten, wurde auch Clemens 1935 in U-Haft genommen. Erst nach neun Monaten wurde er krank aus der Haft entlassen. Nachdem er die Pfarrei St. Engelbert in Köln 1938 als Pfarrer übernommen hatte, blieb er in engem Kontakt mit den Mitgliedern des KJMVD und mit Ludwig Wolker. Dies galt auch und besonders in der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Er stand mit allen in Briefkontakt und nahm soweit möglich pastorale Aufgaben wahr. So leitete er die Beisetzung der Familie des früheren Reichsobmanns des KJMVD, Albert Steiner, der mit seiner Familie bei einem Bombenangriff in Aachen den Tod gefunden hatte. An dem Wiederaufbau der katholischen Jugendarbeit nach 1945 war Clemens dann nicht mehr beteiligt, sondern widmete sich ausschließlich seinen Aufgaben als Pfarrer.
            Hermann Klens (1880–1972)

            Priesterweihe 1905, Mitbegründer des Diözesanverbandes der Jungfrauenvereinigungen in der Erzdiözese Paderborn 1910, Generalsekretär des Zentralverbandes der Katholischen Jungfrauenvereinigungen Deutschlands 1915, Generalpräses des Zentralverbandes der Kartholischen Jungfrauenvereinigungen Deutschlands 1922, Generalpräses des Gesamtverbandes Katholischer Frauen- und Müttervereinen Deutschlands 1928, Mitglied des Dreierrats für Jugendseelsorge 1939-1945, Stellvertr. Leiter der Hauptstelle für Katholische Jugendseelsorge und Jugendorganisation in den deutschen Diözesen 1945-1952, BDKJ-Bundespräses Frauenjugend 1947-1952, Generalpräses des Zentralverbandes der Katholischen Frauen- und Müttergemeinschaften Deutschlands 1952–1963

            Klens AusschnittSein ganzes Priesterleben widmete Hermann Klens der Mädchen- und Frauenpastoral und prägte diese wie kaum ein zweiter. In den gesellschaftlichen Veränderungen vor allem in nationalsozialistischer Zeit sah er für junge Mädchen große Gefahren. Zwar hatte er auch unverheiratete, berufstätige Frauen im Blick, doch sah er die Hauptaufgabe der pastoralen Arbeit darin, die jungen Frauen auf ihre Aufgabe als Ehefrau und Mutter vorzubereiten. Außerdem sollten sie darin bestärkt werden, bewußt als Mädchen und Frau zu leben. „Charakteristisch für die heutige Zeit und die Lage der weiblichen Jugend ist die Betonung des kämpferischen Gedankens und der immer mehr verwirklichte Einsatz der Jugend im öffentlichen Leben einschließlich der Industrie. Die Innerlichkeit der Frauenpersönlichkeit steht in großer Gefahr.“ [1]

            Ab 1935 fiel ihm als Generalpräses des Zentralverbandes der katholischen Jungfrauenvereinigungen die Aufgabe zu, die neuen Richtlinien für die Jugendseelsorge bekanntzumachen. Als Mitglied des sogenannten Dreierrates für Jugendseelsorge hielt er deutschlandweit Kurse, vor allem mit mädchenpastoralem Schwerpunkt, ab. Nach dem Verbot des Zentralverbandes 1939 führte er die Arbeit so gut es ging von seinem Heimatbistum Paderborn aus fort. Nach dem Zweiten Weltkrieg war Klens von 1947 bis 1952 erster Bundespräses Frauenjugend des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), in dem der Zentralverband aufging.


            [1] Hermann Klens, Arbeitstagung für die Seelsorge der weiblichen Jugend mit Generalpräses Klens in Fulda und Erfurt am 2.4.12.1941, in Archiv des Jugendhauses Düsseldorf e.V., 7.1/003-002.
            Hans Niermann (1913–1940)

            Weberlehre, Arbeiter in einer Weberei bis 1934, Mitglied der Sturmschar seit 1930, Diözesanführer der Sturmschar Münster, Reichsführer der Sturmschar 1935, Verhaftung 1936, Vorbereitung auf das Abitur für ein späteres Theologiestudium 1938, 1939 Einberufung, gefallen in Doncourt-sur-Meuse / Frankreich 1940

            Niermann, JohannesNach seiner Weberlehre arbeitete Hans Niermann in einer Weberei in Rheine. Ab 1930 war er Mitglied der Sturmschar des Katholischen Jungmännerverbandes Deutschlands (KJMVD) und übernahm schließlich die Aufgabe des Diözesanführers der Sturmschar des Bistums Münster. “Auf Kursen und Treffen bemerkten wir seine hohe Begabung und seine religiöse Kraft“, schrieb der damalige Generalsekretär Jakob Clemens nach Niermanns Tod 1940.[1] Während der Romfahrt der Sturmschar 1935 wurde er als Nachfolger Franz Stebers Reichsführer der Sturmschar. Seine Amtzeit war besonders von der immer schwieriger werdenden Situation der katholischen Jugendverbände geprägt. Im Zusammenhang mit dem sogenannten Berliner Katholikenprozess wurde auch Niermann 1936 verhaftet. In den Jahren bis zu seiner Einberufung 1939 nahm er weiterhin die Aufgaben des Reichsführers der Sturmschar wahr. 1938 zog er von Düsseldorf nach Köln, um sich auf das Theologiestudium vorzubereiten und wohnte in dieser Zeit bei Jakob Clemens.[2] Niermann fiel bereits im Juni 1940 in Frankreich, wo er von seinen Kameraden auf einem Dorffriedhof beigesetzt wurde. Kurz darauf erschienen Auszüge aus seinen Tagebucheinträgen unter dem Titel „Der Weg des Soldaten Johannes“.[3]


            [1]Jakob Clemens an Pater Harriolf OSB am 15.08.1940, in: Archiv des Jugendhauses Düsseldorf II/856.
            [2]ebd.
            [3]Der Weg des Soldaten Johannes. Aus seinen Briefen und Tagebuchblättern, zusammengestellt von Michael Brink, Düsseldorf o.J.; Briefe Niermann im Nachlass Ludwig Wolker, in: Archiv des Jugendhauses Düsseldorf e.V. 3.1/001-190.
            Die Publikation wurde später durchaus kritisch betrachtet. Vgl. dazu Wilhelm Damberg, Kriegserfahrung und Kriegstheologie, darin: „Der Weg des Soldaten Johannes“ und Ludwig Wolker, in: Theologische Quartalsschrift 182(2002)4, S. 326-333.

            Franz Steber (1904–1983)

            Volontär im Jugendpflegeamt des Katholischen Jugendwerks München 1929-1922; Kanzleidienst-Anwärter bei der Stadtverwaltung München 1922-1925; Reichswanderwart des Katholischen Jungmännerverbandes Deutschlands ab 1927; Reichsführer der Sturmschar 1929-1935; Verhaftung und Verurteilung im sogenannten Berliner Katholikenprozess 1936; Entlassung aus dem Zuchthaus 1941; Polizeihaft 1941; Leiter des Sozialbüros des Verlagshauses der Süddeutschen Zeitung 1945-1947; Direktor der Geschäftsstelle des Bayrischen Jugendsozialwerkes in München 1947-1955; Sozialreferent in der Bischöflichen Hauptstelle für Jugendseelsorge und des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) 1955-1965

            Steber 03Der Münchner Franz Steber wurde auf dem Verbandstag des Katholischen Jungmännerverbandes Deutschlands (KJMVD) 1926 in Essen zum Reichswanderwart gewählt. Damit bezog er zeitgleich mit dem neuen Generalpräses des Verbandes, Ludwig Wolker, seinen Dienstsitz im Jugendhaus Düsseldorf. Die Zusammenarbeit zwischen beiden war zwar durch die Ämter bedingt eng, aber nicht spannungsfrei. Unter Stebers Leitung entwickelte sich aus den Wandergruppen des Verbandes die Sturmschar, einer dem eigenen Selbstverständnis nach Elitegruppe des KJMVD. Sie stellte an ihre Mitglieder hohe Anforderungen in den Bereichen Glaubenspraxis, Bildung, Sitte und Moral. Steber führte und prägte als Reichsführer zwischen 1929 und 1935 die Sturmschar wie kein zweiter. Sein Amt übergab er 1935 an Hans Niermann während der Fahrt der Sturmschar nach Rom. Diese Fahrt war Höhepunkt und Ende seiner Tätigkeit für „seine“ Sturmschar. Wie zentral diese Jugendgruppe für Steber war, zeigt, dass er in ihrem Kreise im Petersdom in Rom heiratete.

            1936 wurde Steber von den Nationalsozialisten im Zusammenhang mit dem sogenannten Berliner Katholikenprozess verhaftet und zu einer Zuchthausstrafe verurteilt. Nach seiner Haft, aus der er 1941 fast erblindet entlassen wurde, betätigte er sich in keiner Weise mehr für den nunmehr verbotenen Verband. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er zunächst in seiner alten Heimat München für Sozialwerke tätig bevor er 1955 nach Düsseldorf als Sozialreferent der Bischöflichen Hauptstelle für Jugendseelsorge und des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) in das Jugendhaus zurückkehrte.
            Ludwig Wolker (1887–1955)

            Studium der Theologie und Philosophie in München und Innsbruck 1906–1911, Priesterweihe in Freising 1912, Wahl zum Generalpräses des Katholischen Jungmännerverbandes Deutschlands und Vorsitzender des Reichsverbandes DJK 1926, Untersuchungshaft 1936, Tätigkeit im „Dreierrat der Jugendseelsorge“ bis 1945, Leiter der bischöflichen Hauptarbeitsstelle für katholische Jugendseelsorge und Jugendorganisationen in den deutschen Diözesen 1945-1952, BDKJ-Bundespräses Mannesjugend 1947-1952, Geistlicher Leiter der DJK 1947-1953, Mitbegründer des Deutschen Sportbundes 1950

            Wolker 2Ludwig Wolker übernahm als Generalpräses des Katholischen Jungmännerverbandes Deutschlands (KJMVD) 1926 in politisch und gesellschaftlich stürmischen Zeiten die Verantwortung für einen der größten Jugendverbände Deutschlands. Er wollte die Jungen nicht nur zu gläubigen Christen und Männern erziehen, die als Ehepartner und Väter, sondern auch als Staatsbürger bestehen konnten. Seine jugendpastorale Arbeit fasste er in den Schritten Regnum Dei, Gratia Dei, Gloria Dei und Amor Dei zusammen. Wolker war zudem an der Selbständigkeit der Jugend in Kirche und Staat gelegen, was mit dem Begriff Jugendreich immer wieder Erwähnung fand. Diese Selbständigkeit wurde durch die Machtübernahme der Nationalsozialisten bedroht. Wolker tat sein möglichstes in Kirche und Staat um die Arbeit fortsetzen zu können. Verbote und Verhaftungen sowie den Krieg kritisierte er jedoch nicht und rief gemäß seines Verständnisses vom Verhältnis Bürger und Staat nicht zum Widerstand auf. Für ihn war dies vielmehr eine Zeit der Prüfung, die es zu bestehen galt.

            Als Mitglied des sogenannten Dreierrates für Jugendseelsorge war er ab 1935 an zentraler Stelle für die Umsetzung der Richtlinien für Jugendseelsorge zuständig und hielt unermüdlich Kurse und Exerzitien ab. Nach dem Zweiten Weltkrieg beauftragten ihn die deutschen Bischöfe mit dem Wiederaufbau der Jugendarbeit. Dies mündete schließlich 1947 in der Gründung des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), dessen erster Bundespräses Mannesjugend er wurde.

            Neben seiner jugendpastoralen Arbeit prägte Wolker als Vorsitzender des DJK-Sportverbandes auch den deutschen Sport. Er verfasste Grundlegendes zu Fragen von Sport und Ethik und war Mitbegründes des Deutschen Sportbundes.

            Festvortrag

            „Heilige als Identifikationsfiguren katholischer Jugendlicher
            in der Zeit des Nationalsozialismus“

            Die jährlich stattfindende Feier des Gründungstages am 2. Februar 1908 wurde anlässlich des 75. Gedenktages der Schließung des Jugendhauses Düsseldorf auf den 6. Februar verlegt und mit dem Gedenken an die damaligen Ereignisse verbunden. Dr. Georg Pahlke hielt bei dieser Veranstaltung im Jugendhaus Düsseldorf den Festvortrag.
            Pahlke: "Es gilt eines Ereignisses zu gedenken, das am heutigen Tag vor genau 75 Jahren stattgefunden hat: die Schließung des Jugendhauses Düsseldorf als Zentrale der (männlichen) katholischen Jugend in Deutschland."

            Text und Fotos:
            Archiv des Jugendhauses Düsseldorf e.V., 2014
            Maria Wego

            Anregungen und Anmerkungen bitte an: