Unsere Geschichte
Die Geschichte des Jugendhauses Düsseldorf reicht zurück bis in das Jahr 1908. Errichtet als Sekretariat des Katholischen Jungmännerverbandes Deutschlands (KJMVD) gestaltete es die katholische Jugendabeit in Deutschland unter den unterschiedlichen kirchlichen und politischen Bedingungen des Kaiserreiches, der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus. 1939 verboten entstand es nach dem Zweiten Weltkrieg neu und entwickelte sich von der Verbandszentrale zur Bundeszentrale für katholische Jugendarbeit.
Entdecken Sie interaktiv die Geschichte des Jugendhaus Düsseldorf, indem Sie mit Ihrem Cursor auf die Buttons der einzelnen Jahreszahlen klicken.1908
1916
Der Verband wächst und die Zentrale wächst. Daher wird während des Ersten Weltkrieges das Achenbach-Haus an der Schadwostraße in Düsseldorf bezogen. Es bietet zwar nicht genug, aber doch mehr Platz.
1924
Am 2. Februar erfolgt der Umzug des Jugendhauses Düsseldorf an die Derendorfer Strasse in Düsseldorf, dem heutigen Carl-Mosterts-Platz. Unter der Ägide von Generalpräses Ludwig Wolker entfaltet sich eine immer regere Tätigkeit: "Jugendbewegung", "Bibelbewegung", "liturgische Bewegung" sind Stichworte, die die Arbeit jener Jahre kennzeichnen.
1933
In nationalsozialistischer Zeit prägen Verbote und Inhaftierungen die Arbeit des Katholischen Jungmännerverbandes und der Verbandszentrale. Die Interessen der katholischen Jugendlichen zu vertreten wird immer schwieriger.
1939
Am 6. Februar wird der Katholische Jungmännerverband endgültig verboten und das Jugendhaus Düsseldorf geschlossen. Das Haus geht in den Besitz der NSDAP über und wird durch einen Bombenvolltreffer 1944 zerstört.
1952
Das Grundstück in Düsseldorf wird dem wieder gegründeten Jugendhaus Düsseldorf zurückgegeben. Die Bauarbeiten für eine neue Verbandszentrale beginnen. Sie soll u.a. Sitz des 1947 gegründeten Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) und der neugeschaffenen Arbeitsstelle für Jugendseelsorger der Deutschen Bischofskonferenz werden.
1954
Am 2. Februar findet die Einweihung des neuen Gebäudes durch den damaligen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz und Kölner Erzbischofs Josef Kardinal Frings statt. Finanziert wurde der Bau des Architekten Bernhard Pfau aus kirchlichen und staatlichen Mitteln sowie einer Bausteinaktion der katholischen Jugend Deutschlands.
1965
Nach dem 3. Bundesfest des BDKJ in Düsseldorf wird das Verhältnis von BDKJ und seinen Mitgliedsverbänden auf eine neue Grundlage gestellt. Damit beginnt die Wandlung des Jugendhauses Düsseldorf von einer Verbands- zu einer Dienstleistungszentrale für die kirchliche Jugendarbeit.
1992
Das Jugendhaus Düsseldorf wird als Beispiel für die Bürohaus-Architektur der 1950-er Jahre unter Denkmalschutz gestellt.
1994
Nach der rechtlichen Entflechtung von Arbeitsstelle für Jugendseelsorge und BDKJ-Bundesstelle bleibt das Jugendhaus Düsseldorf für diese beiden Stellen als Dienstleister und Bundeszentrale für katholische Jugendarbeit erhalten.
1997
Es beginnen umfangreiche Sanierungs- und Grunderneuerungsarbeiten am Jugendhaus Düsseldorf. Das Haus erhält eine restaurierte Fassade und eine komplett neue Büroinfrastruktur. Gleichzeitig wird in der Zentralstelle des Jugendhaus Düsseldorf e.V. ein Qualitätssicherungs-Projekt erfolgreich durchgeführt. Die Wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe erfahren eine Neustrukturierung und Neuorganisation.
2001
Nach Abschluss der Sanierung öffnet sich das Jugendhaus in die Stadt Düsseldorf und die Region. Ausstellungen mit Werken junger Künstler beleben das Haus. Das Dienstleistungsangebot wird erweitert. Es entstehen neue Kooperationen der Wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe. Das Rechnungswesen bietet Leistungen für weitere Mandanten an.
2005
Bei der Vorbereitung und Durchführung des XX. Weltjugendtages 2005 in Köln wirkt das Jugendhaus Düsseldorf bei der Vorbereitung und Durchführung mit. Dazu zählen Versand und Vertrieb der Materialien der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit sowie die Unterstützung des Rechnungswesens der Weltjugendtag GmbH.
2008
Die Gründung des Jugendhauses Düsseldorf vor 100 Jahren wird mit vielen Veranstaltungen gebührend gefeiert. Ein herausragendes Ereignis ist der Festakt am 26. April. Nach der Festmesse mit Jugendbischof Dr. Franz-Josef Bode wird in einem Zirkuszelt im Garten und im ganzen Haus gefeiert.
Das Jugendhaus Düsseldorf - ein Gebäude und seine Geschichte
Ein "Glashaus" für die katholische Jugendarbeit
„Auf dieser Erde kannst du nicht allein im Geiste leben, mußt dem Geist auch ein Haus bauen. [...] Erst das Haus, dann das Pneuma. Oder vielmehr so: Eins nicht ohne das andere. Es muß Pneuma sein, Wind Gottes wehen. Aber es muß auch ein Gerüst sein und ein Haus, darin dies Wehen von oben gefaßt und erfüllt werden kann.“
So schrieb Ludwig Wolker mit Blick auf den Aufbau katholischer Jugendarbeit im Advent 1945. Dabei hatten er und weitere Verantwortliche der kathoicshen Jugend(verbands)arbeit aber nicht nur den organisatorischen Aufbau katholischer Jugendarbeit nach dem Ende der NS-Herrschaft im Blick, sondern auch den Bau einer neuen Zentralstelle. Standort sollte wieder Düsseldorf sein. Dort war von 1908 bis 1939 die Reichszentrale des Katholischen Jungmännerverbandes Deutschlands, das Jugendhaus Düsseldorf, gewesen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden nun die nötigen Schritte unternommen, um das Grundstück wieder zurückzuerhalten, das die Nationalsozialisten 1939 beschlagnahmt hatten. Zeitgleich wurden Baupläne erstellt und für die finanziellen Mittel gesorgt. So konnte sieben Jahre nach Kriegsende im Jahr 1952 der erste Spatenstich erfolgen.
Auch wenn Anfang der 1950-er Jahre Wohnraum dringen benötigt wurde, so war das Jugendhaus Düsseldorf von Beginn an ausschließlich ein Bürogebäude. Funktionalität und modernes Design schlossen sich nicht aus. Mit den Baustoffen Glas und Beton wurde ein offenes und transparentes Gebäude geschaffen. Die Büros sind so ausgerichtet, dass alle Mitarbeitenden nicht nur Tages- sondern auch Sonnenlicht haben.
Auftraggeber für Architekt und Baufirmen war der Verein Haus Altenberg e.V.. Ihm gehörten Verantwortliche der katholischen Jugendpastoral an, allen voran Ludwig Wolker. Da das Jugendhaus Düsseldorf jedoch als Zentralstelle für katholische Jugendarbeit in Deutschland errichtet wurde, war der eigentliche Bauherr die katholische Jugend Deutschlands. Sie trug durch eine Bausteinaktion auch ein Fünftel der Baukosten.
Das Jugendhaus Düsseldorf wurde nach Plänen des Architekten Bernhard M. Pfau (1902-1989) errichtet. Es war das erste Gebäude, das er nach dem Zweiten Weltkrieg in Düsseldorf baute. In den folgenden Jahren errichtete er zahlreiche Gebäude in der Stadt, von denen das bekannteste das Düsseldorfer Schauspielhaus ist.
Konzept / Text: Maria Wego
Fotos: Archiv des Jugendhauses Düsseldorf
Video: Jugendhaus Düsseldorf
© Jugendhaus Düsseldorf 2020
Bauphase
Die Bauarbeiten begannen im Frühjahr 1952 und wurden bereits im Januar 1954 abgeschlossen.
Das Grundstück liegt in direkter Nachbarschaft zur Kirche Heilig Geist, die Anfang des 20. Jahrhunderts nach Entwürfen des Architekten Joseph Kleesattel erbaut wurde. Zeitgleich mit der Errichtung des Jugendhauses Düsseldorf wurde auch die Kirche wieder aufgebaut.
Den Grundstock für die Finanzierung legte eine Spende der amerikanischen McCloy-Stiftung. Dazu kamen finanzielle Mittel des Landes Nordrhein-Westfalen und privater Spender. Gut ein Fünftel brachte die katholische Jugend Deutschlands mit einer Bausteinaktion auf. Insgesamt beliefen sich die Kosten auf 1,2 Millionen D-Mark.
Zwei Besonderheiten springen ins Auge -
das Band aus Glasbausteinen, das sich ohne Stützen über die gesamte Länge des Gebäudes an der Ludwig-Wolker-Straße erstreckt und die frei schwebende Treppe des Haupttreppenhauses.
Zwar sind zwischen den ersten Plänen und dem fertigen Gebäude Unterschiede zu erkennen, aber diese betreffen im wesentlichen die Gestaltung der Fassade an der Ludwig-Wolker-Straße.
Grundsteinlegung
Die Grundsteinlegung erfolgte am 7. Juni 1952. Die Feier leitete BDKJ-Bundespräses Hermann Klens.
Josef Rommerskirchen, BDKJ-Bundesvorsitzender, verliest den Text der Grundsteinurkunde.
Gute Wünsche für den Neubau sprachen neben anderen aus: BDKJ-Bundesvorsitzende Mathilde Beckers, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Düsseldorf Josef Gockeln und Bernhard M. Pfau.
Einweihung
Die Einweihung erfolgte am 2. Februar 1954, dem katholischen Festtag Mariä Lichtmess. Der Tag wurde bewusst gewählt, da am 2. Februar 1908 das Jugendhaus Düsseldorf gegründet worden war.
Die Weihe übernahm der Kölner Erzbischof Josef Kardinal Frings. Zu den Festrednern gehörten der BDKJ-Bundesvorsitzende Heinrich Köpller und Ludwig Wolker, BDKJ-Bundespräses von 1947 bis 1952.
Ein Haus im Wandel der Zeit
Nicht alles blieb erhalten: Die Fenster öffnen sich nicht mehr nach außen, in den Garten führt heute eine Wendeltreppe und die Deckenbeleuchtung in den Konferenzräumen wurde ausgetauscht.
1997 wurde des Gebäude umfassend saniert. Dabei wurden auch die Bänder aus Glasbausteinen erneuert.
Das Dach des Anbaus wurde im Rahmen der Sanierung in dern 1990er-Jahren begrünt.
Die Veränderungen bei der Arbeitssicherheit zeigen die Fotos des Gerüstes 1953 und 2020. Die Aufnahmen entstanden etwa an der gleichen Stelle.
Architekt Bernhard M. Pfau gestaltete auch die Innenräume. Erhalten blieben die Deckenleuchten in den Fluren, die Schilder an den Bürotüren und ein Schreibtisch.
Verbot 1939
Das Jugendhaus Düsseldorf in nationalsozialistischer Zeit
Mit diesen Worten beschrieb 1951 der damalige Kaufmännische Direktor des Jugendhauses Düsseldorf, Albert Fehrenbach, die Schließung durch die Nationalsozialisten. Damit schien das endgültige Ende des Jugendhauses Düsseldorf gekommen zu sein, das sich seit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 immer deutlicher abgezeichnet hatte. Als Zentrale des Katholischen Jungmännerverbandes Deutschlands (KJMVD) und des DJK-Sportverbandes hatte es versucht, katholische Jugendarbeit trotz und gegen den Absolutheitsanspruch der neuen Machthaber zu ermöglichen. Schließungen, Verbote und Verhaftungen waren in den sechs Jahren die Folge gewesen. Nach Schließung und Enteignung wurden die Mitarbeitenden in alle Himmelsrichtungen zerstreut. Vor allem der im September 1939 beginnende Zweite Weltkrieg forderte auch unter ihnen zahlreiche Opfer. Da die katholischen Jugendverbände wie der KJMVD die Jugendarbeit nicht mehr leisten konnten, übernahmen die deutschen Bischöfe die Verantwortung für diese Aufgabe. Ludwig Wolker arbeitete als Mitglied des sogenannten Dreierrates der Jugendseelsorge an zentraler Stelle mit.
Nach dem Krieg wurde er mit dem Wiederaufbau der Jugendarbeit betraut, die schließlich 1947 in der Gründung des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) mündete. Die Wiedererrichtung des Jugendhauses Düsseldorf war für ihn und alle Verantwortlichen selbstverständlicher Teil dieser Neugründungsarbeit. Nach Rückgabe des Grundstücks in Düsseldorf konnte 1954 der Neubau am Carl-Mosterts-Platz eingeweiht werden.
[1] Albert Fehrenbach, Ansprache zum GP-Jubiläum am Freitag den 9. November 1951. Hausgemeinschaft Haus Altenberg, in: Archiv des Jugendhauses Düsseldorf II/671.
[1] siehe hierzu Vater Staat und Mutter Kirche
Mit diesen Worten wandte sich 1935 Kaplan Hubert Vietmeier aus Marl an die Zentrale in Düsseldorf.[1] Sein Brief war nur einer von vielen. Sie alle berichteten von Pöbeleien und Überfällen, von Verhaftungen und in einem Fall sogar von Ermordung. Außerdem zeigten sie, wie rasch neue Verordnungen umgesetzt und mit welcher Härte die Auseinandersetzungen oftmals geführt wurden.
„Die zweite Woche im Lager vom 15.7. – 21.7.35.
Am Sonntag standen wir um 6 Uhr auf, wuschen uns, verrichteten das Morgengebet, und gingen zur Hl. Messe. Als wieder ins La Lager zurückkamen, frühstückten wir. Dann waren Lagerkreise. Um 12 Uhr gab es das Mittagessen. Nachher kam die Lagerruhe und daran anschliessend das Schwimmen. Für die Nachmittage war meistens Kurfahrt angesetzt. Um 7 Uhr abds. gab es das Abendbrot. Nach diesem folgte immer eine Abendveranstaltung. Dann kam das Abendgebet und gingen wir alle schlafen. Am Sonntag nachm. mussten wir Holz holen, da wir die Nachtwachte hatten. Und abends besuchten uns zwei Strolche das Lager, es waren der Herr Schwarte u. der Herr Kahl. Sie spielten allerlei Unfug und sangen lustige Lieder, auch einige Witze brachten sie zu Gehör. Nach diesem lustigen Teil gingen wir um 9 Uhr schlafen. Montag machten wir eine Nachtfahrt nach der Hohen Eule. Wir gingen nachts um 2 Uhr weg. Als wir oben waren, da war es schon hell. Und hier oben hatten wir auch eine Fliegenplage, dass man es kaum aushalten konnte. Da der Aussichtsturm geschlosssen war, gingen wir wieder auf einem anderen Wege zurück. Auf dem halben Wege merkten wir, dass sich einige von uns verlaufen hatten. In der Hoffnung, dass sie schon finden werden, gingen wir nach Hause. Am Dienstag wurde das erste Mal die Speyer-Dom-Festmesse gesungen. Am Vormittag und an den zwei nächstfolgenden Vormittagen wurden Sportkämpfe durchgeführt, weil am Sonntag das Sportfest steigen sollte. Am Mittwoch Mittag hatten wir hohen Besuch aus Breslau, es waren unser Herr Erzpriester u. zwei andere Geistliche auf Besuch da. Donnerstag konnten wir den Herrn Kuratus Lassmann von den Josefiten begrüssen. Am Freitag zu Mittag kam ein Wachtmeister, und er berichtete, dass das Lager aufgelöst werden soll, weil die Jungschar verboten sein soll. Das war uns allen nicht möglich, aber wir mussten abziehen u. so packten wir unsere Sachen. Auch durften wir keine Kluft mehr tragen. Am Sonnabend fuhren wir nach Hause, wo wir hörten, dass nur Kluft- und Lagerverbot besteht. Das war gut, denn ich wäre sowieso nicht die H.J. gegangen. Mir gefiel es im Lager sehr gut, und ich werde immer gern an die schönen Stunden zurückdenken.
'Treu Heil'!
gez. Walter Rembiak."
„Treu Heil“!
gez. Karl Kämmer.“ [5]
Gottesreich und Deutsches Reich
[1] Schreiben des Reichsamtes des Katholischen Jungmännerverbandes Deutschlands vom 16. Februar 1933, in: Archiv des Jugendhauses Düsseldorf II/162.
[2] Kundgebung der Reichstagung. Kampfgelöbnis für Deutschland!, in: Die Wacht. Zeitschrift katholischer Jungmänner, 27. Jg. 1931, Heft 8, S. 249-250.
[3] Zur Reichstagung siehe: Ruf von Trier. Bericht über die VI. Reichstagung des Katholischen Jungmännerverbandes Deutschlands 1931 in Trier. Hrsg. von Jakob Clemens, Düsseldorf (1931).
[4] Bericht Fritz Meyers aus Geldern vom 9. August 1956, S. 10, in: Archiv des Jugendhauses Düsseldorf II/644. - Meyers erinnert sich in dem Bericht an einen Aufenthalt im Frühsommer 1937 auf der Burg Raesfeld, bei dem ein namentlich nicht genannter Jungendlicher, der an der Romfahrt teilgenommen hatte, dies erzählt.
Nachdem die Nationalsozialisten die Regierung übernahmen, sah sich die Zentrale im Jugendhaus Düsseldorf vor die Aufgabe gestellt, Wege zu finden, mit und in diesem neuen deutschen Staat zurecht zu kommen. In einigen Ausgaben der Mitgliederzeitschrift „Die Wacht“ im Jahr 1933 wurden daher Beiträge abgedruckt, die dem neuen Zeitgeist entsprachen und mit denen die Redaktion aber dennoch versuchte, christliche Standpunkte zu wahren. Als Beispiel sei hier ein Text von Heinrich Lersch genannt, der als katholischer Arbeiterdichter galt und mit den Nationalsozialisten sympathisierte.[2] Dieser Weg wurde aber rasch wieder aufgegeben. Neben den Mitgliederzeitschriften versuchte die Düsseldorfer Zentrale zwischen 1935 und 1937 zusätzlich mit Schallplatten die Jugendlichen zu erreichen. Besonders die Ansprachen von Generalpräses Ludwig Wolker und Kardinalstaatssekretär Eugenio Pacelli, dem späteren Papst Pius XII, sollten Stütze und Anleitung sein.
Besondere Aufmerksamkeit wurde seit 1936 den Bekenntnistagen gewidmet. Sie sollten einerseits die Jugendpastoral in den Bistümern und Pfarreien verankern, andererseits den Jugendlichen ein religiöses Gemeinschaftserlebnis verschaffen. Zu ihm wurden alle Jugendlichen, also Jungen und Mädchen gemeinsam, aufgerufen. Die umfangreichen Vorbereitungen wurden vor allem im Jugendhaus Düsseldorf getroffen. Die Resonnanz war groß. Anschließend trafen zahlreiche Berichte ein, die alle von einem guten Verlauf und Begeisterung berichteten. So schrieb das Speyerer Ordinariat an Bischof Bornewasser:
[1] Nationalsozialisten in der Reichswehr, in: Die Wacht. Zeitschrift katholischer Jungmänner, 26. Jg. 1930, Heft 5, S. 155.
Nach 1945
“Die hier erstmalig veröffentlichten Aufzeichnungen schildern Ereignisse, die vor nur 15 – 20 Jahren mitten unter uns geschahen. Und doch werden sie unseren Zwanzigjährigen – und auch vielen aus der älteren Generation – fremder und unwirklicher erscheinen als etwa die Landung eines Marsbewohners auf dem Marktplatz der Stadt Geldern! Junge Menschen vor allem sollten jedoch um vergangenes Geschehen wissen und aus ihm lernen suchen.
Das Anliegen dieser Aufzeichnungen ist ein dreifaches: Den Jüngeren unter uns das Heute verständlicher zu machen im Rückblick auf gestern; die Älteren anzurufen: sich zu erinnern, nicht zu vergessen, nichts abzuschwächen; jeden einzelnen von uns aber zu mahnen, wachsam zu sein. Denn ‚ ü b e r a l l u n d z u a l l e n Z e i t e n haben die Dämonen im Dunkeln gelauert auf die Stunde, da der Mensch schwach wird, da er seinen ihm von Gott auf Freiheit gegründete Stellung im ordo eigenmächtig verläßt, sich von den Mächten höherer Ordnung loslöst und so, nachdem er den ersten Schritt freiwillig getan zum zweiten und dritten und immer mehr getrieben wird, mit rasender Geschwindigkeit‘. (Aus einem Flugblatt der ‚Weißen Rose‘ aus dem Jahr 1942.)“[1]
Viele Berichte dieser Art erreichten 1956 nach dem Aufruf des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) das Jugendhaus Düsseldorf.[2] Die daraus entstandene Materialsammlung wurde unter dem Titel „Katholische Jugend in der NS-Zeit“ 1959 veröffentlicht. Sie ist damit eine der ersten Publikationen, in denen sich die katholische Jugend mit der Geschichte jener Jahre auseinandersetzte.[3] Wichtig war dabei nicht nur das Erinnern, sondern vor allem die Lehren und die Verantwortung für Gegenwart und Zukunft. Dies zieht sich als roter Faden durch weitere Veröffentlichungen, die im Jugendhaus Düsseldorf verantwortet wurden: über die Lübecker Kapläne Johannes Prassek, Hermann Lange und Eduard Müller, den Diözesanjugendseelsorger von Meißen Dr. Bernhard Wensch sowie die Ausarbeitung "Sie hielten stand" über die Sturmschar[4].
Während diese mehr wissenschaftlich orientierten Publikationen eher für die Verantwortlichen der Jugendpastoral verfasst wurden, richteten sich Josef Seuffert mit „Franz und Adolf“ und „Franz muss in den Krieg“[5] sowie Willi Weiskirch mit „Als die gold‘ne Abendsonne…“ an Jugendliche.[6] Bereits 1960 war in einem Buch mit Vorlesegeschichten die Erzählung von Elisabeth Langgässer „Saisonbeginn“ aufgenommen worden.[7] Ausstellungen wie "... nun sind Gesichter unsere Fahnen" folgten in den Jahrzehnten danach.
[1] Bericht Fritz Meyers aus Geldern vom 9. August 1956, S. 10, in: Archiv des Jugendhauses Düsseldorf II/644.
[2] Chronik des Bundes, in: Der Jungführer Heft VI 1955/1956, S. 45.
[3] Katholische Jugend in der NS-Zeit, zusammengestellt von Heinrich Roth, Altenberger Dokumente. Quellenschriften zur katholischen Jugendseelsorge und Jugendführung Heft 7, Düsseldorf 1959.Katholische Jugend in der NS_Zeit.pdf72.15 MB
[4] Johannes Prassek, Hermann Lange, Eduard Müller. Die durch das Fallbeil hingerichteten drei Lübecker Kapläne, in: Seelsorger der Jugend, bearbeitet durch Bundespräses Bokler, Altenberger Dokumente. Quellenschriften zur katholischen Jugendseelsorge und Jugendführung Heft 5, Düsseldorf 1963, S. 35-42.; Dr. Bernhard Wensch. Diözsanjugendseelsorger der Mannesjugend im Bistum Meißen in: ebd. S. 35-42; Altenberger Dokumente 07 Prassek.pdf4.1 MB; Altenberger Dokumente 07 Wensch.pdf3.38 MB
Sie hielten Stand. Sturmschar im Katholischen Jungmännerverband Deutschlands, hrsg. von Bernd Börger / Hans Schroer, Düsseldorf 1990.
[5] Josef Seuffert, Franz und Adolf, Düsseldorf 1962; Josef Seuffert, Franz muss in den Krieg, Düsseldorf 1964
[6] Willi Weiskirch, Als die gold’ne Abendsonne …, Düsseldorf 1964.
[7] Elisabeth Langgässer, Saisonbeginn, in: Das Zeichen dem widersprochen wird. Hrsg. von Erika Jansen, Düssseldorf 1960, S. 148-151.
Exkurs
[1] Richtlinien für die Jugendseelsorge
Persönlichkeiten
Theologiestudium in Bonn und Köln ab 1891, Priesterweihe in Köln 1894, Direktor des Gregoriushauses in Aachen 1899, Pfarrer in Elberfeld 1909, Pfarrer in Hasselsweiler 1914, Professor für Pastoraltheologie und Subregens am Kölner Priesterseminar 1916, Stiftspropst und zugleich Weihbischof in Trier 1921, Bischof von Trier 1922, Beauftragter der Fuldaer Bischofskonferenz für die Jugendseelsorge 1935
Franz Rudolf Bornewasser war als erster Jugendbischof Deutschlands nur ein Jahr im Amt. Aufgrund der politisch schwierigen Situation gab er das Amt 1936 in die jüngeren Hände Bischof Albert Stohrs (Mainz). Dass die deutschen Bischöfe zunächst Bornewasser mit dem Amt betrauten verwundert nicht, denn er hatte stets engen Kontakt zu den Jugendverbänden gehalten: Das große Reichstreffen des Katholischen Jungmännerverbandes Deutschlands (KJMVD) hatte 1932 in Trier stattgefunden, und die katholische Jugend des Saarlandes hatte bereits 1934 einen Bekenntnistag durchgeführt, der dann ab 1936 in ganz Deutschland durchgeführt wurde.[1] Bornewassers Nähe zur Jugend zeigt auch sein Besuch von Mitgliedern der Sturmschar im Gefängnis 1935:
[1] vgl. "Das Volk soll sehen, was ist und wo wir stehen!"
[2] Franz-Josef Krehwinkel, Sturmschar unter dem NS-Regime, in: Sie hielten stand. Sturmschar im Katholischen Jungmännerverband Deutschlands, Düsseldorf 1990, S. 110.
Priesterweihe 1914, Diözesanpräses des Katholischen Jungmännerverbandes Deutschlands (KJMVD) von Köln ab 1927, Generalsekretär des KJMVD 1927-1938, Untersuchungshaft 1935,
Pfarrer an St. Engelbert in Köln 1938-1963
Priesterweihe 1905, Mitbegründer des Diözesanverbandes der Jungfrauenvereinigungen in der Erzdiözese Paderborn 1910, Generalsekretär des Zentralverbandes der Katholischen Jungfrauenvereinigungen Deutschlands 1915, Generalpräses des Zentralverbandes der Kartholischen Jungfrauenvereinigungen Deutschlands 1922, Generalpräses des Gesamtverbandes Katholischer Frauen- und Müttervereinen Deutschlands 1928, Mitglied des Dreierrats für Jugendseelsorge 1939-1945, Stellvertr. Leiter der Hauptstelle für Katholische Jugendseelsorge und Jugendorganisation in den deutschen Diözesen 1945-1952, BDKJ-Bundespräses Frauenjugend 1947-1952, Generalpräses des Zentralverbandes der Katholischen Frauen- und Müttergemeinschaften Deutschlands 1952–1963
Sein ganzes Priesterleben widmete Hermann Klens der Mädchen- und Frauenpastoral und prägte diese wie kaum ein zweiter. In den gesellschaftlichen Veränderungen vor allem in nationalsozialistischer Zeit sah er für junge Mädchen große Gefahren. Zwar hatte er auch unverheiratete, berufstätige Frauen im Blick, doch sah er die Hauptaufgabe der pastoralen Arbeit darin, die jungen Frauen auf ihre Aufgabe als Ehefrau und Mutter vorzubereiten. Außerdem sollten sie darin bestärkt werden, bewußt als Mädchen und Frau zu leben. „Charakteristisch für die heutige Zeit und die Lage der weiblichen Jugend ist die Betonung des kämpferischen Gedankens und der immer mehr verwirklichte Einsatz der Jugend im öffentlichen Leben einschließlich der Industrie. Die Innerlichkeit der Frauenpersönlichkeit steht in großer Gefahr.“ [1]
[1] Hermann Klens, Arbeitstagung für die Seelsorge der weiblichen Jugend mit Generalpräses Klens in Fulda und Erfurt am 2.4.12.1941, in Archiv des Jugendhauses Düsseldorf e.V., 7.1/003-002.
Weberlehre, Arbeiter in einer Weberei bis 1934, Mitglied der Sturmschar seit 1930, Diözesanführer der Sturmschar Münster, Reichsführer der Sturmschar 1935, Verhaftung 1936, Vorbereitung auf das Abitur für ein späteres Theologiestudium 1938, 1939 Einberufung, gefallen in Doncourt-sur-Meuse / Frankreich 1940
Nach seiner Weberlehre arbeitete Hans Niermann in einer Weberei in Rheine. Ab 1930 war er Mitglied der Sturmschar des Katholischen Jungmännerverbandes Deutschlands (KJMVD) und übernahm schließlich die Aufgabe des Diözesanführers der Sturmschar des Bistums Münster. “Auf Kursen und Treffen bemerkten wir seine hohe Begabung und seine religiöse Kraft“, schrieb der damalige Generalsekretär Jakob Clemens nach Niermanns Tod 1940.[1] Während der Romfahrt der Sturmschar 1935 wurde er als Nachfolger Franz Stebers Reichsführer der Sturmschar. Seine Amtzeit war besonders von der immer schwieriger werdenden Situation der katholischen Jugendverbände geprägt. Im Zusammenhang mit dem sogenannten Berliner Katholikenprozess wurde auch Niermann 1936 verhaftet. In den Jahren bis zu seiner Einberufung 1939 nahm er weiterhin die Aufgaben des Reichsführers der Sturmschar wahr. 1938 zog er von Düsseldorf nach Köln, um sich auf das Theologiestudium vorzubereiten und wohnte in dieser Zeit bei Jakob Clemens.[2] Niermann fiel bereits im Juni 1940 in Frankreich, wo er von seinen Kameraden auf einem Dorffriedhof beigesetzt wurde. Kurz darauf erschienen Auszüge aus seinen Tagebucheinträgen unter dem Titel „Der Weg des Soldaten Johannes“.[3]
[1]Jakob Clemens an Pater Harriolf OSB am 15.08.1940, in: Archiv des Jugendhauses Düsseldorf II/856.
[2]ebd.
[3]Der Weg des Soldaten Johannes. Aus seinen Briefen und Tagebuchblättern, zusammengestellt von Michael Brink, Düsseldorf o.J.; Briefe Niermann im Nachlass Ludwig Wolker, in: Archiv des Jugendhauses Düsseldorf e.V. 3.1/001-190.
Die Publikation wurde später durchaus kritisch betrachtet. Vgl. dazu Wilhelm Damberg, Kriegserfahrung und Kriegstheologie, darin: „Der Weg des Soldaten Johannes“ und Ludwig Wolker, in: Theologische Quartalsschrift 182(2002)4, S. 326-333.
Volontär im Jugendpflegeamt des Katholischen Jugendwerks München 1929-1922; Kanzleidienst-Anwärter bei der Stadtverwaltung München 1922-1925; Reichswanderwart des Katholischen Jungmännerverbandes Deutschlands ab 1927; Reichsführer der Sturmschar 1929-1935; Verhaftung und Verurteilung im sogenannten Berliner Katholikenprozess 1936; Entlassung aus dem Zuchthaus 1941; Polizeihaft 1941; Leiter des Sozialbüros des Verlagshauses der Süddeutschen Zeitung 1945-1947; Direktor der Geschäftsstelle des Bayrischen Jugendsozialwerkes in München 1947-1955; Sozialreferent in der Bischöflichen Hauptstelle für Jugendseelsorge und des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) 1955-1965
Der Münchner Franz Steber wurde auf dem Verbandstag des Katholischen Jungmännerverbandes Deutschlands (KJMVD) 1926 in Essen zum Reichswanderwart gewählt. Damit bezog er zeitgleich mit dem neuen Generalpräses des Verbandes, Ludwig Wolker, seinen Dienstsitz im Jugendhaus Düsseldorf. Die Zusammenarbeit zwischen beiden war zwar durch die Ämter bedingt eng, aber nicht spannungsfrei. Unter Stebers Leitung entwickelte sich aus den Wandergruppen des Verbandes die Sturmschar, einer dem eigenen Selbstverständnis nach Elitegruppe des KJMVD. Sie stellte an ihre Mitglieder hohe Anforderungen in den Bereichen Glaubenspraxis, Bildung, Sitte und Moral. Steber führte und prägte als Reichsführer zwischen 1929 und 1935 die Sturmschar wie kein zweiter. Sein Amt übergab er 1935 an Hans Niermann während der Fahrt der Sturmschar nach Rom. Diese Fahrt war Höhepunkt und Ende seiner Tätigkeit für „seine“ Sturmschar. Wie zentral diese Jugendgruppe für Steber war, zeigt, dass er in ihrem Kreise im Petersdom in Rom heiratete.
Studium der Theologie und Philosophie in München und Innsbruck 1906–1911, Priesterweihe in Freising 1912, Wahl zum Generalpräses des Katholischen Jungmännerverbandes Deutschlands und Vorsitzender des Reichsverbandes DJK 1926, Untersuchungshaft 1936, Tätigkeit im „Dreierrat der Jugendseelsorge“ bis 1945, Leiter der bischöflichen Hauptarbeitsstelle für katholische Jugendseelsorge und Jugendorganisationen in den deutschen Diözesen 1945-1952, BDKJ-Bundespräses Mannesjugend 1947-1952, Geistlicher Leiter der DJK 1947-1953, Mitbegründer des Deutschen Sportbundes 1950
Ludwig Wolker übernahm als Generalpräses des Katholischen Jungmännerverbandes Deutschlands (KJMVD) 1926 in politisch und gesellschaftlich stürmischen Zeiten die Verantwortung für einen der größten Jugendverbände Deutschlands. Er wollte die Jungen nicht nur zu gläubigen Christen und Männern erziehen, die als Ehepartner und Väter, sondern auch als Staatsbürger bestehen konnten. Seine jugendpastorale Arbeit fasste er in den Schritten Regnum Dei, Gratia Dei, Gloria Dei und Amor Dei zusammen. Wolker war zudem an der Selbständigkeit der Jugend in Kirche und Staat gelegen, was mit dem Begriff Jugendreich immer wieder Erwähnung fand. Diese Selbständigkeit wurde durch die Machtübernahme der Nationalsozialisten bedroht. Wolker tat sein möglichstes in Kirche und Staat um die Arbeit fortsetzen zu können. Verbote und Verhaftungen sowie den Krieg kritisierte er jedoch nicht und rief gemäß seines Verständnisses vom Verhältnis Bürger und Staat nicht zum Widerstand auf. Für ihn war dies vielmehr eine Zeit der Prüfung, die es zu bestehen galt.
Festvortrag
„Heilige als Identifikationsfiguren katholischer Jugendlicher
in der Zeit des Nationalsozialismus“
Pahlke: "Es gilt eines Ereignisses zu gedenken, das am heutigen Tag vor genau 75 Jahren stattgefunden hat: die Schließung des Jugendhauses Düsseldorf als Zentrale der (männlichen) katholischen Jugend in Deutschland."
Text und Fotos:
Archiv des Jugendhauses Düsseldorf e.V., 2014
Maria Wego